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Samstag, 13. April 2024

Creative Minority Report Nr. 25

Eine ereignisreiche und, offen gestanden, teilweise recht anstrengende Woche liegt hinter meiner Familie und mir, o wohllöblicher Leser; infolgedessen gibt es wieder eine Menge zu berichten, auch wenn ich ein bisschen das Gefühl habe, dass den Begebenheiten der zurückliegenden Woche ein roter Faden fehlt. Aber das wird sicher auch mal wieder anders, und vielleicht ist es auch gar nicht so schlimm. Urteile selbst, Leser! 

Österliches Beet vor der evangelischen Dorfkirche Alt-Tegel. 


Was bisher geschah 

Wie bereits erwähnt, war am vergangenen Samstag mal wieder Gorkistraßenfest – mit Hüpfburg, Karussell, Kinderschminken, Zuckerwatte und diversen weiteren Attraktionen; wir verbrachten rund fünf Stunden dort und trafen allerlei Bekannte. Am Sonntag hatten wir dann einige Mühe, die Kinder rechtzeitig wach zu kriegen, um pünktlich zu unserem geplanten Gottesdienst-Double-Feature in Haselhorst zu kommen (Näheres dazu weiter unten). – Dass wir just an diesem Sonntag in der EFG The Rock Christuskirche zum Gottesdienst gingen, erwies sich übrigens auch insofern als Glücksfall, als wir bei dieser Gelegenheit erfuhren, dass JAM diese Woche ausfiel; so blieb es uns erspart, am Mittwoch vor verschlossenen Türen zu stehen. Ich mag mir gar nicht vorstellen, was unsere Tochter dazu gesagt hätte, dafür früher aus der Schule abgeholt zu werden. 

Der Wiedereinstieg in den Schulalltag klappte indes bemerkenswert reibungslos; von Montag bis Freitag unternahm ich, während das Tochterkind in der Schule und meine Liebste bei der Arbeit war, wieder allerlei mit dem Jüngsten, wovon in der bewährten Rubrik "Wenn der Vater mit dem Sohne" ausführlicher die Rede sein wird. Am Dienstagabend stand ein Treffen des Arbeitskreises Kinderwortgottesdienst an; Näheres dazu unter "Schwarzer Gürtel in KiWoGo". Am Donnerstag ging die ganze Familie in Hennigsdorf in den Zirkus – präzise gesagt zum Circus Rambazamba, einem branchentypischen Familienunternehmen, wo der Vater die Tiere dressiert, die älteren Kinder Akrobaten sind und der ca. neun- oder zehnjährige Clown zusammen mit seiner Mutter auftritt. Ich fand's super. Ich war ja in letzter Zeit einige Male im Zirkus, aber dieser hat mich bisher am meisten beeindruckt. – Ebenfalls am Donnerstag erschien in der Tagespost die dritte Ausgabe meiner Kolumne "Klein.Kram", die seit heute morgen auch online verfügbar ist. Der regelmäßige "Omatag" fand ausnahmsweise am Freitag statt am Montag statt; und am heutigen Samstag war vormittags Wichtelgruppentreffen im Garten von St. Stephanus. Darüber werde ich aber erst nächste Woche berichten... 


Was ansteht 

Der Blick in meinen Terminkalender verheißt eine "ganz normale" Schul- und Arbeitswoche ohne besondere Vorkommnisse; aber was heißt das schon? Ich gehe mal davon aus, dass am Mittwoch wieder JAM sein wird, und wahrscheinlich werde ich auch wieder einige kleine bis mittlere Abenteuer mit dem Jüngsten erleben; und selbst wenn darüber hinaus nichts Besonderes passieren sollte, wird es an Stoff für das nächste Wochenbriefing nicht fehlen. Das fängt schon an mit Themen, die es aus Zeit- und Platzgründen nicht mehr in diese Ausgabe geschafft haben – so etwa das Wichtelgruppentreffen, aber auch das neue Vatikan-Dokument "Dignitas infinita" und die Reaktionen darauf (aber daraus mache ich vielleicht lieber einen eigenständigen Artikel, vorausgesetzt ich komme dazu). Denkbar wäre auch, die Rubrik "Predigtnotizen", zu der ich diese Woche schlechterdings nicht gekommen bin, nächste Woche nachzuliefern – zumal da nicht nur die Predigt vom vergangenen Sonntag in St. Stephanus zu würdigen wäre, sondern auch zwei Kurzpredigten aus Werktagsmessen: am Dienstag wiederum in St. Stephanus, am Mittwoch in St. Marien Maternitas in Heiligensee. Vielleicht baue ich meine Gedanken zu den interessanten Aspekten dieser Predigten aber auch mal ganz woanders ein, oder ich lasse es einfach – dann beschwert sich wenigstens keiner. In den Berichtszeitraum der übernächsten Nummer des Creative Minority Report werden dann u.a. ein Kinderwortgottesdienst und ein Vorbereitungstreffen zur diesjährigen Spandauer Fronleichnamsfeier fallen – es bleibt also spannend...! 


Gottesdienst-Double-Feature in Haselhorst 

Wie ich in meinen Wochenbriefings wohl schon verschiedentlich erwähnt habe, liegt die EFG The Rock Christuskirche, wo wir mit unseren Kindern schon seit fast zwei Jahren ziemlich regelmäßig zum Kinderprogramm ("JAM", ein Akronym für "Jungschar am Mittwoch") gehen, in unmittelbarer Nachbarschaft der katholischen Kirche St. Stephanus – wo wir allerdings nur vergleichsweise selten in die Messe gehen: Zwar ist St. Stephanus von unserem Zuhause aus schneller und unkomplizierter mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen als St. Joseph in Siemensstadt, aber das wird durch die spätere Anfangszeit der Messe in Siemensstadt mehr als wettgemacht; zudem haben wir die Erfahrung gemacht, dass man als Familie mit kleinen Kindern in St. Joseph weniger (unangenehm) auffällt als in St. Stephanus. Das hat zum Teil mit der unterschiedlichen Größe und Bauweise der beiden Kirchen zu tun, wohl noch mehr jedoch mit der Altersstruktur der jeweiligen örtlichen Gottesdienstgemeinde. Das hält uns indes nicht davon ab, gelegentlich doch nach St. Stephanus zu gehen; und eine solche Gelegenheit ergab sich am vergangenen Sonntag, nämlich die Gelegenheit, anschließend noch in den freikirchlichen Gottesdienst zu gehen. Der ist in der The Rock-Gemeinde meist nachmittags, einmal im Monat jedoch unmittelbar anschließend an die Messe in St. Stephanus. Tatsächlich hatten meine Liebste und ich mal erwogen, um diese Konstellation regelmäßig für so ein Gottesdienst-Double-Feature zu nutzen, aber in den letzten Monaten – seit Oktober letzten Jahres, um genau zu sein – waren wir dann doch irgendwie nie dazu gekommen. Jetzt sollte es aber mal wieder so weit sein; und für den geselligen Teil nach dem Gottesdienst packten wir den Kuchen ein, den wir auf Anregung unseres Jüngsten am Wochenende gebacken hatten. (Genauer gesagt packten wir drei Viertel des Kuchens ein; das vierte Viertel hatten wir bereits zuvor verspeist.) 

Auf dem Weg nach Haselhorst stieg übrigens der nicht-mehr-so-neue Pfarrvikar von St. Klara Reinickendorf-Süd in den Bus ein, in dem wir bereits saßen; er hatte offenbar in St. Bernhard die Messe und wechselte, ehe er wieder ausstieg, ein paar freundliche Worte mit uns. – Was die Messe in St. Stephanus betrifft, so besagt ja ein katholisches Sprichwort "An Ostern ist das Grab leer und am nächsten Sonntag die Kirche", aber ganz so schlimm war es nicht: Ich würde mal sagen, die Kirche war ungefähr halb voll. Schon in der Nacht zuvor hatte ich die Vorahnung, der leitende Pfarrer der Großpfarrei Heilige Familie würde diese Messe zelebrieren, und so war es auch. Die Liturgie war schön und feierlich, es wurden sehr viele Osterlieder gesungen und die Kinder benahmen sich weitestgehend untadelig. 


Da die Messe etwas länger als eine Stunde dauerte, hatten wir es anschließend etwas eilig, auf die andere Straßenseite zu kommen; wir kamen dort gerade rechtzeitig zum Beginn der separaten Kinderbetreuung an, was bedeutete, dass ich mit unserer Großen in den Keller zur Schulkinder-Katechese ging und meine Liebste mit unserem Jüngsten nach oben in den Eltern-Kind-Raum. Als mich die Mitarbeiterin, die die Katechese für die Schulkinder leitete, fragte, ob ich nicht lieber in den Erwachsenen-Gottesdienst gehen wolle, verneinte ich das knapp und ohne weitere Erläuterung. Tatsächlich hatte ich mindestens zwei Gründe dafür: Einer davon war ein quasi-professionelles Interesse daran, wie in dieser Gemeinde Kinderkatechese betrieben wird (darauf komme ich unter "Schwarzer Gürtel in KiWoGo" zurück); ein anderer, dass ich nun wirklich keine Lust auf einen Gottesdienst hatte, der im Wesentlichen aus einer endlos langen Predigt mit ein bisschen Drumherum bestand. Als ich später einen Blick in den Gottesdienstraum warf, fühlte ich mich bestätigt: Die Leute saßen da wie in einer Vorlesung, einige balancierten sogar Klemmbretter oder Laptops auf den Knien und schrieben mit. Nicht so ganz meine Vorstellung von Gottesdienst. Es wäre aber vielleicht eine interessante Vorstellung, wie jemand, der so etwas gewohnt ist, sich wohl in einer katholischen Messe fühlen würde, womöglich gar in einer Werktagsmesse ohne Predigt. 

Trotz aller Differenzen war es insgesamt aber doch gut, mal wieder dort zu sein und die überkonfessionellen Kontakte zu pflegen. Insofern fand ich den "geselligen Teil" am besten: Der Kuchen war lecker (nicht nur der, den wir selbst mitgebracht hatten), wir unterhielten uns gut und die Kinder konnten im Garten spielen. Kurz und gut, der Idee, so ein "Gottesdienst-Double-Feature" regelmäßig einmal im Monat "mitzunehmen", stehe ich nach wie vor aufgeschlossen gegenüber. 

Von uns war natürlich wieder der Fantakuchen mit den bunten Streuseln. 


Wenn der Vater mit dem Sohne 

Zu den Attraktionen des Gorkistraßenfests am vergangenen Samstag gehörte auch Live-Musik – dargeboten von einem Rockabilly-Duo, das ich an selber Stelle schon ein paarmal hatte spielen hören. Die Musik bewirkte, dass es mir in den Füßen zuckte, daher fragte ich meine Tochter, ob sie mit mir tanzen möge; aber sie wollte sich lieber beim Hufeisenwerfen anstellen, also tanzte ich stattdessen mit meinem Sohn – zu "Blue Suede Shoes" und "Hound Dog". Das entzückte Lachen meines Jüngsten, als ich ihn im Rhythmus der Musik durch die Luft wirbelte, war für mich ganz klar das Highlight des Tages. 

Als ich am Montagmorgen in der S-Bahn auf dem Weg zur Schule mit den Kindern betete – zuerst ein gereimtes Schulwegsgebet, das das Tochterkind bereits auswendig kann, und dann das Tagesgebet aus der Stundenbuch-App –, warf uns eine ältere Frau, die in unserer Nähe saß, einen überraschend wohlwollenden Blick zu; kurz darauf registrierte ich, dass sie auf Polnisch telefonierte, das erklärt wohl einiges. – Nachdem wir das Tochterkind in der Schule abgeliefert hatten, fuhren der Jüngste und ich zurück nach Tegel und schauten zunächst bei unserem bevorzugten Spielplatz vorbei; da war aber nicht viel los und niemand da, den wir kannten, also einigten wir uns darauf, später wiederzukommen. Auf die Frage, was wir in der Zwischenzeit machen sollten – "Hundewiese oder Beten mit Musik?" –, entschied sich der Jüngste ohne Zögern für "Beten mit Musik", also steuerten wir die Kirche St. Joseph Tegel an und hielten dort eine schöne Lobpreisandacht zum Hochfest Verkündigung des Herrn ab (mit insgesamt fünf Liedern). 

Am Mittwoch gingen der Jüngste und ich wieder einmal in St. Marien Maternitas in Heiligensee in die Messe – die von einem Priester zelebriert wurde, den ich nicht kannte. So halbwegs rechnete ich damit, dass er in der Begrüßung etwas dazu sagen würde, wer er denn sei und woher er käme, aber das tat er nicht; nun gut, wir waren in den Ferien nicht hier gewesen, möglicherweise hatte eine solche Vorstellung also schon zu einem früheren Zeitpunkt stattgefunden. Vielleicht machte der Priester hier Urlaubsvertretung, vielleicht war er selbst hier in Urlaub. Jedenfalls feierte er eine tadellose Liturgie und sagte während der gesamten Messe nichts, was Zweifel an seiner Rechtgläubigkeit hätte aufkommen lassen; beides ist man an diesem Ort nicht unbedingt gewohnt, und so begann ich unversehens zu tagträumen, der Priester sei womöglich doch nicht nur zur Vertretung hier, sondern neu im "Pastoralteam" der Pfarrei St. Klara Reinickendorf-Süd. Dort ist allerdings meines Wissens derzeit zwar eine Planstelle für einen Pastoral- oder Gemeindereferenten offen, nicht aber für einen Priester; und prompt ging die Tagträumerei in die nächste Runde: Was, wenn der bisherige Pfarrer von St. Klara über Ostern in die Wüste geschickt (bzw. meinetwegen ins Diözesanarchiv versetzt) worden wäre und dies sein Nachfolger wäre? Ich malte mir schon Chancen für ein Comeback in Reinickendorf-Süd aus; nicht dass ich dafür mein Engagement in Siemensstadt und Haselhorst hätte an den Nagel hängen wollen, aber ein zweites Standbein, noch dazu in größerer Wohnortnähe, hätte doch was für sich. 

Beim Gemeindefrühstück nach der Messe – das recht opulent ausfiel, da ein Gemeindemitglied Geburtstag feierte – erlebte ich allerdings in mehrfacher Hinsicht eine Enttäuschung. Zunächst schnappte ich auf, wie das Geburtstagskind den Priester beiläufig fragte, wie es denn in München stehe – woraus ich zweierlei folgerte: zum einen, dass der Priester in der Gemeinde bekannt ist, wahrscheinlich "von früher her", und zum anderen, dass er "eigentlich" in München ansässig ist. Und dann büßte der Priester bei mir massiv an Sympathie ein, als er mit seinen Sitznachbarn über Politik redete. Oder was man halt so "über Politik reden" nennt: von Frotzeleien über "Klimakleber" bis hin zu Klagen über die Inflation, und das alles auf so einem dümmlich-selbstgefälligen Stammtischniveau, als käme für die an diesem Gespräch Beteiligten schlechterdings nicht in Betracht, dass irgendjemand im Raum, oder überhaupt irgendein halbwegs vernünftiger Mensch, ihre behäbige Mitte-Rechts-Gesinnung nicht teilen könnte. Ach, na ja, was rege ich mich auf. Das ungleichzeitige politische Bewusstsein in unterschiedlichen Bereichen der Kirche wäre durchaus ein Thema, zu dem sich allerlei sagen ließe, aber hier und jetzt würde das entschieden zu weit führen. 

Im Übrigen hatte der Jüngste in den zurückliegenden Tagen mehrfach den Wunsch geäußert, mal wieder einen Ausflug ins Umland zu unternehmen; und da an diesem Mittwoch JAM ausfiel und meine Liebste obendrein länger arbeiten musste, fand ich, die Gelegenheit dazu sei günstig – obwohl das Wetter schlechter war als sn buchstäblich allen anderen Tagen der Woche und obwohl es nach dem Gemeindefrühstück in St. Marien Maternitas schon ungefähr 11 Uhr war. Ursprünglich hatte ich ins Auge gefasst, mit dem Junior nach Schönfließ und/oder nach Birkenwerder zu fahren, aber infolge einer Verkettung unvorhergesehener Umstände schafften wir es dann doch nur bis Oranienburg. Kein so attraktives Ausflugsziel, wie ich feststellen musste; aber der Sohnemann schlief ohnehin recht bald nach unserer Ankunft im Kinderwagen ein. Ich wollte mir nun wenigstens die örtliche katholische Kirche Herz Jesu ansehen, kam aber nur bis in den Vorraum (mit Schriftenstand): Nur durch den Glaseinsatz einer verschlossenen Zwischentür konnte man einen Blick in den eigentlichen Kirchenraum werfen. 

Vom Schriftenstand nahm ich mir einen Pfarrbrief mit, aber erst als ich schon wieder zu Hause war, stellte ich fest, dass es nicht der Pfarrbrief der Oranienburger Pfarrei war, sondern der aus Hennigsdorf. 

Am Donnerstag ging ich mit dem Junior zu einem aus dem #kindergartenfrei-Netzwerk heraus organisierten Spieltreff und am Freitag zur offenen Eltern-Kind-Gruppe in der Gemeinde auf dem Weg. Die letztere war deutlich besser besucht als beim ersten Mal, als wir dort waren, allerdings trafen wir dort diesmal keine Bekannten, und was ich von den Gesprächen zwischen den anderen Eltern mitbekam, machte mir nicht sonderlich viel Lust, mich daran zu beteiligen. Dem Knaben gefiel es allerdings bei beiden Spiel-"Dates" gut, also werden wir da wohl zukünftig noch öfter hingehen. Gleichzeitig habe ich allerdings auch festgestellt, dass mir das Programm, das ich von Mittwoch bis Freitag mit dem Junior durchgezogen habe, eigentlich ein bisschen zu viel des Guten war und dass ich mich im Grunde wohler fühle, wenn mein Sohn und ich gemeinsam "nichts Besonders" unternehmen. Da gilt es also die richtige Balance zu finden. 


Schwarzer Gürtel in KiWoGo 

Wie oben bereits erwähnt, traf sich am Dienstag der KiWoGo-Arbeitskreis, aber ehe ich darauf eingehe, möchte ich, wie ebenfalls schon angekündigt, ein paar Eindrücke zum Thema Kinderkatechese festhalten, die ich vom Besuch der EFG The Rock Christuskirche am vergangenen Sonntag mitgenommen habe. Mir ist durchaus bewusst, dass meine Sympathien für Freikirchen in der – sagen wir mal – "volkskirchlich-konservativen" Fraktion meiner Leserschaft zuweilen unterschiedliche Grade von Befremden bis Missbilligung auslöst. Das ist ein bisschen so wie zur Zeit der deutschen Teilung, wenn man in der Bundesrepublik Ansichten äußerte, die als allzu "links" wahrgenommen wurden, und sich daraufhin anhören durfte "Dann geh doch rüber!" Wozu ich anmerken möchte, dass ich durchaus nicht der Meinung bin, "drüben" sei alles besser. Das gilt auch und nicht zuletzt für den Bereich der Kinderkatechese. Ich habe mich dazu schon verschiedentlich geäußert, am einlässlichsten wohl im Creative Minority Report Nr. 20; und auch diesmal gab es wieder allerlei Anlass zu Kritik, was wohl nicht unwesentlich damit zu tun hat, dass an diesem Sonntag wieder die ältere Frau aus der Gemeinde die Kinderkatechese leitete, mit deren Anschauungen und Methodik ich so meine Schwierigkeiten habe. Inhaltlich ging es diesmal um die Wanderung des Volkes Israel durch die Wüste nach dem Auszug aus Ägypten; sicherlich ein Thema, das man halbwegs interessant gestalten könnte, aber der Präsentationsstil der besagten Mitarbeiterin verstärkte eher den im evangelikalen Spektrum ohnehin nie ganz fern liegenden Eindruck, biblische Geschichte werde als Lernstoff betrachtet, den die Kinder einfach "draufkriegen" müssen. Es war im Wesentlichen ein Vortrag, die aktive Einbeziehung der Kinder beschränkte sich auf gelegentliche Wissens- oder "Ratefragen", teilweise zu ganz und gar abseitigen Aspekten wie etwa, wieso Kamele sich besonders gut dazu eignen, mit ihnen die Wüste zu durchqueren. – 


In die Kategorie "Gut gemeint und schlecht gemacht" fielen Versuche, die Kinder im Sinne eines Sokratischen Gesprächs selbst darauf kommen zu lassen, dass der Auszug des Volkes Israel aus Ägypten auf das Kreuzesopfer Jesu vorausweist. Die Art und Weise, wie die Katechetin dabei mit Suggestivfragen arbeitete, erinnerte mich –nicht zum ersten Mal übrigens – an einen Witz, den ich, wenn ich mal ein Buch zum Thema Kinderkatechese schreiben sollte, unbedingt auch darin verwenden muss, und zwar in einem Abschnitt über methodische Fehler, die man vermeiden sollte

Fritzchen besucht eine katholische Schule, in der der Unterricht von Ordensschwestern erteilt wird. In einer Sachkundestunde fragt die Schwester: "Was ist das: Es hat rotes Fell, einen buschigen Schwanz und springt von Baum zu Baum?" Fritzchen antwortet: "Normalerweise würd' ich ja sagen Eichhörnchen, aber so wie ich den Laden hier kenne, wird's wohl wieder das liebe Jesulein sein." 

Genauer erläutern mag ich hier und jetzt nicht, worin ich die tiefere Weisheit dieses Witzes sehe; aber ich denke, es ist einigermaßen selbsterklärend. Falls doch nicht, freut euch auf das Buch! – Im Anschluss an die Katechese wurden die Kinder zum Spielen in den Garten geschickt, und ich nutzte die Gelegenheit, um nach oben in dem Eltern-Kind-Raum zu gehen – wo ich u.a. mitbekam, wie eine ältere Jugendliche oder junge Erwachsene versuchte, einigen drei- bis fünfjährigen Kindern anhand von Piktogrammen die Zehn Gebote zu erläutern. Ein erfahrenerer Mitarbeiter, selbst Vater von drei Söhnen, die ich vom JAM kenne und deren jüngster ungefähr so alt ist wir unser Sohn, erteilte dem Mädchen hinterher eine freundliche Manöverkritik: So meinte er, es wäre vielleicht besser gewesen, sie hätte sich auf einige wenige Gebote konzentriert, mit denen die Kinder anhand ihres eigenen Erfahrungshorizonts etwas anfangen können. Was ich für einen ausgesprochen guten Rat halten würde – wenn es um Kinder im Grundschulalter ginge. Bei Vorschulkindern halte ich es ehrlich gesagt für sehr fraglich, ob es überhaupt sinnvoll und ratsam ist, ihnen die Zehn Gebote beibringen zu wollen. (Ich wäre da aber offen für Argumente.)

Im Vergleich zu den am Sonntag bei den Freikirchlern gesammelten Eindrücken verlief das Arbeitskreistreffen am Dienstag eher unspektakulär. Zum Zeitpunkt seiner Gründung im Sommer letzten Jahres hatte der Arbeitskreis Kinderwortgottesdienst fünf Mitglieder, von denen sich eins inzwischen aufgrund allzu vieler anderer Verpflichtungen bis auf Weiteres zurückgezogen hat, und zwei weitere sind zu den letzten Treffen nur unregelmäßig erschienen, zumeist aus familiären Gründen (Kind krank, Ehemann krank, Babysitter kurzfristig ausgefallen) – das könnte mich natürlich theoretisch auch mal treffen, bisher habe ich's aber noch immer geschafft. Das Treffen am Dienstag litt zudem an einer Terminkollision, denn am selben Tag, nur um eine halbe Stunde versetzt, war in St. Stephanus Pfarreiratssitzung, und eins unserer Mitglieder musste da hin. Damit diese Kollegin wenigstens am Anfang unseres Treffens noch kurz dabeisein konnte, war dieses kurzfristig ebenfalls nach St. Stephanus verlegt worden; daraus resultierte nun allerdings ein Raumproblem, denn in St. Stephanus trafen sich am selben Abend auch noch die Trommelgruppe und die Neokatechumenale Gemeinschaft. Eigentlich ja ein gutes Zeichen für ein blühendes Gemeindeleben, auch wenn es sicherlich nicht der Normalfall ist, dass so viele Veranstaltungen bzw. Gruppentreffen auf denselben Tag fallen. 

Die Tagesordnung unseres Arbeitskreistreffens umfasste im Wesentlichen drei Punkte: die inhaltliche Planung des am übernächsten Sonntag, dem 4. Sonntag der Osterzeit, anstehenden Kinderwortgottesdienstes, die Festlegung der KiWoGo-Termine für Mai und Juni und schließlich die Frage, ob wir einen Programmbeitrag zur Fronleichnamsfeier in Maria, Hilfe der Christen anbieten wollen. Letzteres beantworteten wir dahingehend, dass wir wollen; jetzt muss der Planungsausschuss für die Fronleichnamsfeier noch zustimmen. 

Das Evangelium vom 4. Sonntag der Osterzeit ist Johannes 10,11-18, und somit lautet das Thema für den nächsten Kinderwortgottesdienst "Der gute Hirte". Einige Zeit vor dem Arbeitskreis-Treffen war mir eingefallen, dass wir schon seit Jahren ein sehr schönes Bilderbuch zu diesem Thema zu Hause haben, nämlich "Mein guter Hirte" von Sally Lloyd-Jones und Jago. Der Text orientiert sich zwar deutlich an Psalm 23, passt aber, wie ich finde, in einem für die Zwecke einer Kinderkatechese allemal ausreichenden Maße auch zum besagten Sonntagsevangelium. Ich nahm das Buch also zum Arbeitskreis mit und stellte es dort vor, allerdings meinte der Gemeindereferent – wohl nicht zu Unrecht –, das sei eher etwas für jüngere Kinder; für die Erstkommunionkinder dürfe es ruhig etwas anspruchsvoller sein. Folglich werden wir erstmals seit Januar den Versuch wagen, die zum KiWoGo erscheinenden Kinder ihrem Alter entsprechend in zwei Gruppen einzuteilen, der Gemeindereferent wird eine Katechese für die Erstkommunionkinder vorbereiten und ich eine für die jüngeren Kinder, auf der Basis bzw. unter Einbeziehung des "Mein guter Hirte"-Bilderbuchs. Im Detail werde ich daran noch arbeiten müssen. Gerne würde ich auch das Lied "Der Herr ist mein Hirte" von Johannes Hartl verwenden, allerdings traue ich mir nicht zu, das selbst auf der Gitarre zu spielen. Vielleicht kann ich meine Wichtelgruppen-Co-Leiterin dafür gewinnen... 


Geistlicher Impuls der Woche 

Wir wollen uns wappnen mit aller Kraft und uns zum Kampf rüsten mit lauterem Geist, zuversichtlichem Glauben und liebender Tugend. Das Heer Gottes marschiere voran zu der angekündigten Schlacht! Der Apostel lehrt uns die Vorbereitung und die Bewaffnung: "Gürtet euch mit Wahrheit, zieht als Panzer die Gerechtigkeit an und als Schuhe die Bereitschaft, für das Evangelium vom Frieden zu kämpfen! Vor allem greift zum Schild des Glaubens! Mit ihm könnt ihr alle feurigen Geschosse des Bösen auslöschen. Nehmt den Helm des Heils und das Schwert des Geistes, das ist das Wort Gottes!" (Eph 6,14-17) Diese Waffen wollen wir ergreifen, mit diesem Schutz des Geistes und des Himmels uns wappnen, damit wir am bösen Tag den Drohungen des Teufels im Kampf standhalten können.

Wir wollen den Panzer der Gerechtigkeit anlegen, damit unsere Brust gegen die Pfeile des Feindes gefestigt und gesichert ist. Beschuht und bewehrt seien unsere Füße mit der Lehre des Evangeliums. Wenn wir uns darum anschicken, die Schlange zu zertreten, wird sie uns nicht beißen und zum Straucheln bringen können. Liebe Brüder, das hafte fest in eurem Herzen! Wenn der Soldat Christi dies bedenkt und erwägt, wenn der Tag der Verfolgung über ihn kommt, dann wird er, in den Geboten und Mahnungen des Herrn erzogen, sich nicht vor dem Kampf fürchten, sondern für den Kranz bereit sein. 

(Cyprian von Karthago, Über das christliche Martyrium) 


Ohrwurm der Woche 

Del Shannon: Runaway 


Dieser Song aus dem Jahr 1961 verdankt seinen Status als Ohrwurm der Woche vorrangig der Tatsache, dass er auf dem Gorkistraßenfest von den Rockabilly-Brüdern performt wurde. Und zwar, wie ich bei aller Sympathie für die Musiker sagen muss, nicht besonders gut. Oder sagen wir so: Wenn man diesen Song nur mit Akustikgitarre und ein bisschen Schlagzeug und dazu in einem eher am frühen Elvis orientierten Gesangsstil interpretiert, dann fehlt ihm einfach das Wesentliche, nämlich zum einen der Falsettgesang im Refrain und zum anderen das Musitron-Solo. Na, jedenfalls veranlasste mich diese wenig überzeugende Live-Coverversion, mir mal wieder das Original anzuhören. 

Hinsichtlich seiner Stellung in der Popmusik-Historie ist "Runaway" ein interessanter Fall: 1961 war die wilde Zeit des frühen Rock'n'Roll definitiv vorbei, die Beatles hatten ihren großen Durchbruch noch vor sich; der vom Militärdienst in Deutschland zurückgekehrte Elvis machte peinliche Filme, und was sich sonst noch Rock'n'Roll nannte, klang deutlich kommerzieller, glatter und harmloser als früher™️. Das könnte man tendenziell vielleicht auch über "Runaway" sagen – wäre da nicht dieses krasse Musitron-Solo, das, da lehne ich mich mal ganz weit aus dem Fenster, schon auf den psychedelischen Garagenrock der zweiten Hälfte der 60er vorausweist. Das Musitron war übrigens eine von Del Shannons Keyboarder Max Crook selbstgebaute Frühform des analogen Synthesizers. 


Mittwoch, 10. April 2024

Abbrüche und Neuanfänge: Zur (volks-)kirchlichen Situation in der nördlichen Wesermarsch

Am diesjährigen Ostersonntag habe ich mir auf YouTube eine Osterpredigt aus dem Jahr 2020 angesehen; wir erinnern uns: Ostern 2020, da war Corona, da war Lockdown, öffentliche Gottesdienste durften nicht stattfinden – da entdeckten nicht wenige Kirchenleute die digitalen Medien als einen Weg, dennoch irgendwie die Leute zu erreichen. Manch ein Geistlicher fremdelte wohl ein wenig mit diesem Setting und wirkte darin folglich etwas fehl am Platz; nicht so jedoch der Prediger in diesem Ostervideo: Matthias Kaffka, ein junger Mann mit rotem Hipsterbart, dazu passender Brille und T-Shirt, der in betont lässig-kumpelhaftem Tonfall über Christopher Nolans Batman-Film "The Dark Knight" spricht, den er im Lockdown auf Netflix gesehen hat. Ja, natürlich zieht er Parallelen zwischen Batman und Jesus. Ja, man kann den Versuch, bloß nicht "churchy" 'rüberzukommen, schon ein bisschen bemüht finden, aber Kaffka ist immerhin ein Typ, dem man diesen "Ey Mann"-Gestus abkauft. Das Erstaunlichste an der ganzen Sache ist eigentlich, dass er nicht Pastor einer hippen Non-Denom-Freikirche in Berlin-Mitte oder einem vergleichbar gentrifizierungsbetroffenen Bezirk irgendeiner anderen Großstadt ist, sondern evangelisch-lutherischer Pfarrer in Abbehausen, einem Dorf in der Wesermarsch, das seit 1974 zur Stadt Nordenham gehört, kirchlich aber nach wie vor zu Butjadingen gerechnet wird. 

Wie man sich vielleicht vorstellen kann, ist das auch genau der Grund dafür, dass ich überhaupt auf dieses Video aufmerksam geworden bin: Ich war neugierig, was der Pastor Kaffka für einer ist. Vor fast zehn Jahren, im Herbst 2014, wurde er vom Abbehauser Gemeindekirchenrat einstimmig zum Pfarrer gewählt; infolge des massiven Abbaus von Pfarrstellen in der Oldenburgischen Landeskirche ist er inzwischen auch für die Kirchengemeinden in Stollhamm, Eckwarden und Tossens zuständig. Aber nicht mehr lange: Zum 1. August gibt er seine jetzige Stellung auf und geht nach Schottland. Die zum Auslandsdienst der EKD gehörenden Deutschsprachigen Gemeinden in Schottland und Nordost-England mit Sitz in Edinburgh haben ihn für die Dauer von sechs Jahren zu ihrem Pfarrer gewählt. Dass er sich eine solche Karrierechance nicht entgehen lassen möchte, ist ihm schwerlich zu verdenken; umgekehrt ist es aber wohl auch verständlich, dass die Butjenter ihn ungern ziehen lassen. Die Kommentare auf der Facebook-Seite der Evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Abbehausen lassen darauf schließen, dass Kaffka in der Gemeinde ausgesprochen beliebt war bzw. ist; aber auch davon abgesehen stellt sein Abschied die evangelische Kirche vor Ort vor eine schwierige Situation: Außer ihm gibt es in ganz Butjadingen nur noch einen evangelischen Pfarrer, und der – Klaus Braje, seit 1987 (!) Pastor in Burhave, wo ich aufgewachsen bin – steht kurz vor dem Ruhestand. 

Symbolbild, Quelle: Pixabay 

In der auf der Facebook-Seite der Abbehauser Kirchengemeinde veröffentlichten Pressemitteilung über Matthias Kaffkas bevorstehenden Weggang heißt es über die "Vakanzzeit" – "also die Zeit, wenn kein Pfarrer vor Ort ist", dass "[d]ie Kreispfarrerin und die benachbarten Pfarrer" die vakanten Kirchengemeinden "mit betreuen" werden: "Es wird weiterhin Andachten und Gottesdienste geben – und keiner muss sich Sorgen machen, wenn Taufen, Trauungen oder Beerdigungen anstehen. Die Gemeindekirchenratsmitglieder werden auch über die weitere Organisation des Gemeindelebens sprechen." 

Die volkskirchliche Grundversorgung bleibt gewährleistet, lautet also, kurz gefasst, die Botschaft. Gleichwohl erscheint es fraglich, wie bald es der Oldenburgischen Landeskirche gelingen wird, die durch Kaffkas Weggang und Brajes Ruhestand entstehenden Lücken zu schließen – und in welchem Umfang sie dies, angesichts ihrer einerseits durch strikten Sparkurs, andererseits durch einen Mangel an Bewerbern geprägten Personalsituation, überhaupt anstrebt. In den letzten Jahren war immer wieder die Rede davon, dass die Anzahl der Pfarrstellen in Butjadingen, die bis 1986 noch 5½, 2018 immerhin noch 3¼ und zuletzt von der Papierform her 1¾ betrug, auf längere Sicht auf eine einzige reduziert werden solle. Man könnte meinen, die aktuelle Situation biete der Landeskirche eine günstige Gelegenheit für einen solchen Einschnitt. 

Kurz und gut, mir scheint, man sollte die weitere Entwicklung in dieser Sache im Auge behalten. Überraschende Neuigkeiten gibt es derweil aus der katholischen Pfarrei St. Willehad Nordenham/Butjadingen/Stadland: Dort startet dieser Tage ein neuer Glaubenskurs. "Neue Leute kennenzulernen und gemeinsam den Glauben entdecken", steht auf dem Flyer, und weiter unten: "Lern Leute in deiner Umgebung kennen – Sieh dir gemeinsam mit anderen ein Video über den Glauben an – Stelle deine Fragen und teile deine Gedanken". Sicher, unter so einer Beschreibung kann man sich im Guten wie im Bösen so ziemlich alles Mögliche vorstellen, aber ich muss doch sagen, dass ich gerade dieser Pfarrei eine solche Initiative schwerlich zugetraut hätte. Dies gilt umso mehr, als der Flyer das Logo des Alpha-Kurses trägt; und das ist, nach allem, was ich darüber gehört habe, nun wirklich ein Gütesiegel

"Alpha ist eine Reihe von Treffen, bei denen der christliche Glaube in entspannter Atmosphäre entdeckt werden kann", heißt es in betont niederschwelliger Diktion auf dem Flyer. Entwickelt wurde dieses Veranstaltungsformat in den 1970er Jahren in der angelikanischen Holy Trinity-Gemeinde in Brompton, einem Stadtteil von London; nach Deutschland gebracht wurde es zuerst 1996 von der Geistlichen Gemeinde-Erneuerung in der Evangelischen Kirche (GGE), einer charismatischen Strömung innerhalb der evangelischen Landeskirchen. Heute wird das Konzept aber quer durch (fast) alle christlichen Konfessionen praktiziert. Der kanadische Priester und Gemeindeerneuerungs-Berater James Mallon bekennt sich in seinem Buch "Divine Renovation – Wenn Gott sein Haus saniert" dazu, "ein großer Fan von Alpha-Kursen" zu sein: 

"Nach dem ersten Alpha-Kurs wusste ich, dass er funktionierte. Die Hungruigen wurden gespeist, die Lauen wurden zum Leben erweckt und Nicht-Kirchgänger und sogar Nichtglaubende kamen zum Glauben an Jesus und kehrten in die Kirche zurück. [...] Noch nie vorher hatte ich in der Pastoral solche Früchte für das Apostolat gesehen [...]. Dieser Kurs war in der Lage, Menschen aus verschiedenen Milieus und Glaubensniveaus anzusprechen und zu berühren" (S. 182). 

– Und das gibt es jetzt in Nordenham? Zeichen und Wunder, kann man da wohl nur sagen! – Fragt man sich, woher es kommen mag, dass diese Pfarrei plötzlich Interesse an Neuevangelisierung zeigt, dann gibt es allerdings eine naheliegende Vermutung: Ich halte es für mehr als wahrscheinlich, dass die Initiative dazu von dem (mittlerweile nicht mehr ganz so) neuen Subsidiar Michael Kenkel ausgegangen ist, der ja u.a. auch in der Karl-Leisner-Jugend aktiv ist. Wie ich schon mal erwähnt habe, stand Kenkel, als er in den Jahren 2011-21 Pfarrer in Raesfeld war, wegen seiner Nähe zu innerkirchlichen Bewegungen und Strömungen in der Kritik , die als "rückwärtsgewandt" und "fundamentalistisch" wahrgenommen wurden – was von solchen Zuschreibungen zu halten ist, ist ja hinlänglich bekannt: Als "rückwärtsgewandt" gelten im Jargon des liberalen deutschen Funktionärs- und Gremienkatholizismus praktisch alle, die für die Zukunft der Kirche eine andere Vision haben als die Agenda des Schismatischen Wegs; und um in den Ruf des "Fundamentalismus" zu geraten, genügt es schon, die Aussagen des christlichen Glaubensbekenntnisses vollumfänglich zu bejahen und nicht bloß in einem metaphorischen Sinne gelten zu lassen

Ich will's mal so sagen: Sollte es Michael Kenkel gelingen, eine geistliche Erweckung an einem Ort in Gang zu bringen, an den er zwar nicht unbedingt im strikten Wortsinne strafversetzt, aber doch so etwas Ähnliches wie strafversetzt wurde, nachdem er seine vorherige Pfarrstelle infolge von Vorwürfen grenzüberschreitenden Verhaltens verloren hatte, dann wäre das wohl mal wieder ein Fallbeispiel dafür, dass Gott auch auf krummen Zeilen gerade schreiben kann. Natürlich wünsche ich dem Projekt allen erdenklichen Erfolg und möchte auch nicht die Gelegenheit versäumen, meine Leser dazu aufzurufen, für den Alpha-Kurs in Nordenham zu beten; aber eine gewisse Skepsis hinsichtlich der Erfolgsaussichten kann ich dennoch nicht abschütteln. Sicher ist der Alpha-Kurs ein gutes Instrument auf dem Weg zum Glauben, aber wie sieht es denn mit dem weiteren Wachstum im Glauben aus? Ich muss sagen, ich beneide die Leute nicht, die durch einen Alpha-Kurs den Glauben entdecken und dann in einer Gemeinde landen, in der schauderhafte, nicht selten geradezu sakrilegische Liturgieverhunzung betrieben wird, wo das Niveau der Verkündigung irgendwo zwischen Phil Bosmans und den Kleinen Leuten von Swabedoo liegt und wo Aktionen wie "Segne Dich selbst" angeboten werden. Manch einem mag es da ergehen wie denjenigen Samenkörnern im Gleichnis vom Sämann, die zwar schnell zu keimen beginnen, dann aber wegen des ungeeigneten Bodens verdorren. 

Nicht unerwähnt lassen möchte ich in diesem Zusammenhang, dass es in Herz Jesu Tegel, ein paar Jahre bevor meine Liebste und ich in diese Gemeinde kamen, auch mal Alpha-Kurse gab – die allerdings eingestellt wurden, nachdem ein leitendes Mitglied der benachbarten Gemeinde der Siebenten-Tages-Adventisten dieses Angebot dazu genutzt hatte, für seine Glaubensrichtung zu missionieren. Dies mal als warnendes Beispiel dafür, was passieren kann, wenn man ein Evangelisierungs-Angebot in einer Gemeinde ansiedelt, die keine gesunden Bedingungen für geistliches Wachstum bietet. 

Aber versuchen wir's mal optimistisch zu sehen: Wenn der Alpha-Kurs schwerpunktmäßig junge Erwachsene anspricht und diese sich dann mit dem Enthusiasmus ihres neu gefundenen Glaubens aktiv ins Gemeindeleben einbringen, könnte es gelingen, die Kultur in der Gemeinde allmählich zu verändern – zumal wenn diese jungen Erwachsenen in absehbarer Zeit Kinder haben werden, während die noch vom früheren Pfarrer Bögershausen geprägten Boomer Catholics ja wohl allmählich mal aussterben dürften. Auch hier gilt also: Es dürfte sich lohnen, die weitere Entwicklung im Auge zu behalten... 



Hinweis in eigener Sache: Dieser Artikel erschien zuerst am 03.04. auf der Patreon-Seite "Mittwochsklub". Gegen einen bescheidenen Beitrag von 5-15 € im Monat gibt es dort für Abonnenten neben der Möglichkeit, Blogartikel bis zu einer Woche früher zu lesen, auch allerlei exklusiven Content, und wenn das als Anreiz nicht ausreicht, dann seht es als solidarischen Akt: Jeder, der für die Patreon-Seite zahlt, leistet einen Beitrag dazu, dass dieser Blog für den Rest der Welt kostenlos bleibt! 

Dienstag, 9. April 2024

Zur Hölle mit schlechten Predigten

Ich schätze, es ist eine verbreitete menschliche Erfahrung, dass einem an anderen Menschen besonders diejenigen Untugenden unangenehm auffallen, zu denen man selbst neigt. Ich zum Beispiel rege mich häufig über eine spezielle Form von Wichtigtuerei auf: wenn Leute bei jeder Gelegenheit betont beiläufig erwähnen müssen, was sie alles wissen und können und gelernt haben, wo sie schon überall gewesen sind und was sie in ihrem Leben schon alles gemacht haben – und damit offenkundig die Absicht verfolgen, ihren Ansichten über Dieses und Jenes größeres Gewicht zu verleihen. Und wenn mir jetzt jemand auf den Kopf zusagen würde, genau das täte ich aber selber gern und oft, könnte ich vielleicht mehr oder weniger schlüssig begründen, warum ich der Meinung bin, das sei etwas anderes, aber ganz und gar abstreiten könnte ich es nicht

Ich hoffe allerdings, dass ich diese Neigung wenigstens dann unterdrücken könnte, wenn ich Priester wäre und eine Messe zu halten hätte. Weil mir dann hoffentlich bewusst wäre, dass es – auch wenn ich derjenige bin, der vorne steht und redet, während die anderen zuhören müssen – in der Messe nicht um mich geht.

Priester, die zuweilen den Eindruck erwecken, diese Erkenntnis nicht so ganz verinnerlicht zu haben, habe ich über die Jahre schon einige erlebt. Aber natürlich gibt es da graduelle Abstufungen. Ganz und gar frei von Eitelkeit ist wohl kaum jemand, zu dessen Tätigkeitsprofil das Reden vor Publikum gehört. Problematisch wird es, wenn ein Priester den Eindruck erweckt, er stelle nicht zuletzt deshalb so sehr sich selbst in den Mittelpunkt, weil er über das, was eigentlich im Zentrum seiner Verkündigung stehen sollte, nicht viel zu sagen weiß. 

Dies und anderes ging mir anlässlich einer Messe durch den Kopf, die ich am Mittwoch der 4. Fastenwoche zusammen mit meinem Jüngsten besuchte. Es ist ja recht verbreitet, um nicht zu sagen üblich, dass in Werktagsmessen nicht gepredigt wird; so war es auch hier, oder eben auch nicht, denn zum Ausgleich für den Wegfall der Predigt baute der Zelebrant seine Begrüßungsworte zu einem zweiminütigen Predigtimpuls aus. Auch das ist etwas, was man öfter erlebt, und ich muss sagen, ich verstehe immer nicht, was das soll. Wenn ein Priester auch werktags predigen möchte, ist das ja legitim und laut Can. 767,3 CIC sogar "sehr empfohlen [...], besonders in der Adventszeit und österlichen Bußzeit". Wieso kann man dann die Predigt, selbst wenn sie nur zwei Minuten lang ist, nicht an der Stelle halten, wo sie vom liturgischen Ablauf her hingehört – nach dem Evangelium –, sondern muss sie partout an einer anderen Stelle einbauen? Will man damit signalisieren "Es ist ja gar keine Predigt bzw. will keine sein, sondern nur ein Impuls"? Also, ich weiß ja nicht. 

(Natürlich gibt es auch Priester, die – allerdings eher an Sonntagen oder Hochfesten, wenn die Kirche leidlich voll ist – in den Begrüßungsworten predigen und in der eigentlichen Predigt nochmal; und dann gern noch ein drittes Mal vor dem Schlusssegen. In extremen Fällen finden sie dazwischen noch ein paar weitere Gelegenheiten zum Predigen, zum Beispiel vor und nach den Fürbitten oder in der Überleitung vom Vaterunser zum Friedensgruß. Aber das sei nur als Randbemerkung festgehalten, auch wenn es durchaus einen gewissen Zusammenhang mit dem hier verhandelten Thema aufweist.)

Das Evangelium vom Tag war Johannes 5,17-30: die Selbstoffenbarung Jesu als Sohn Gottes. Darin ist auch vom Gericht über die Toten die Rede ("Die das Gute getan haben, werden zum Leben auferstehen, die das Böse getan haben, werden zum Gericht auferstehen", V. 29); insofern erscheint es nicht völlig abwegig, dass der Priester seinen Zwei-Minuten-Predigtimpuls mit dem Hinweis begann, er habe "aus verschiedenen Zusammenhängen mal – eigentlich sollte das sogar ein ganzer Aufsatz für eine Zeitschrift werden – einen Vortrag zum Thema Hölle ausgearbeitet". Aha, nun gut. Und was hatte er der Gemeinde nun über den Inhalt dieses Vortrags mitzuteilen? – 

Für den einen ist der Weg zur Hölle mit guten Vorsätzen gepflastert, für den anderen mit schlechten Predigten. 
(Symbolbild: Eugène Delacroix, Dante und Vergil in der Hölle, 1822; gemeinfrei)

Dass sich im Alten Testament zunächst die Vorstellung findet, "die Scheol, die Unterwelt", sei ein gewissermaßen neutraler Ort, an den alle Verstorbenen kommen, unabhängig davon, ob sie im Leben gut oder böse waren, hatte ich durchaus auch im Religionsunterricht auf dem Gymnasium schon mal gehört. Weiter führte der Geistliche aus, erst ungefähr ab dem 2. Jahrhundert vor Christus habe sich "so langsam die Auffassung" durchgesetzt, "dass vielleicht doch irgendwie noch unser irdisches Leben auch irgendwie einen Einfluss darauf hat, wie es uns dann mal später nach dem Tod geht" (dass er für jemanden, der vorgeblich weiß, wovon er redet, ein bisschen oft das Wort "irgendwie" verwendet – insgesamt sechsmal in wie gesagt nur zwei Minuten –, sei nur am Rande angemerkt). So tauche etwa die Vorstellung auf, die Gerechten würden ihr Leben nach dem Tod "im Schoße Abrahams" verbringen, wohingegen diejenigen, die "nicht so anständig waren, [...] irgendwie in einen Zustand kommen", wo sie "fern bleiben von Gott". Im Tagesevangelium, so fügte er hinzu, klinge der Gedanke unterschiedlicher Formen des jenseitigen Lebens "auch schon ein bisschen so an". – Ein bisschen? Schauen wir uns die betreffende Passage noch einmal im Zusammenhang an: 

"Amen, amen, ich sage euch: Die Stunde kommt und sie ist schon da, in der die Toten die Stimme des Sohnes Gottes hören werden; und alle, die sie hören, werden leben. Denn wie der Vater das Leben in sich hat, so hat er auch dem Sohn gegeben, das Leben in sich zu haben. Und er hat ihm Vollmacht gegeben, Gericht zu halten, weil er der Menschensohn ist. Wundert euch nicht darüber! Die Stunde kommt, in der alle, die in den Gräbern sind, seine Stimme hören und herauskommen werden: Die das Gute getan haben, werden zum Leben auferstehen, die das Böse getan haben, werden zum Gericht auferstehen." 

Ich würde sagen, "ein bisschen" trifft hier den Sachverhalt nicht so ganz. Gleichwohl erklärte der Priester, "bei der Beschäftigung mit diesem Thema" habe er "gelesen, dass es eigentlich noch gar keine ausgefeilte Theologie von Himmel und Hölle und sowas gibt im Neuen Testament". Aha. Ach so. Na dann. Auch wenn "da natürlich schon erste Anklänge daran sind, was dann schon geglaubt wurde und was Jesus dann auch schon im Gegensatz zu einigen seiner Zeitgenossen weiterführt". – An dieser Stelle, so denkt man unwillkürlich, hätte es nun interessant werden können: Darüber, wie genau Jesus das, was damals "schon geglaubt wurde", "weiterführt", und dies sogar "im Gegensatz zu einigen seiner Zeitgenossen", hätte man doch vielleicht gern noch etwas mehr erfahren. Stattdessen machte der Priester an dieser Stelle einfach einen Punkt und leitete zum Kyrie über. --- 

Fragen wir uns an dieser Stelle: Was für eine Botschaft soll so ein Predigtimpuls eigentlich der Gemeinde vermitteln, was teilt sich den Gottesdienstteilnehmern darin mit außer "Theologie ist eine richtige Wissenschaft, ich habe sehr viel lernen müssen, um hier vorne stehen zu dürfen, also respektiert mich bitte"? – Wie schon gesagt, ein gewisser Hang zur Eitelkeit ist bei Leuten, die beruflich vor Publikum sprechen, ganz normal und ist hier nicht das eigentliche Problem. Das eigentliche Problem ist vielmehr, dass dieser Zwei-Minuten-Predigt eine klare Aussage fehlt, mit der die Hörer etwas anfangen können und die ihnen eine Wegweisung bieten könnte. Vielmehr wird der Eindruck erweckt, über das Ob und Wie eines Lebens nach dem Tod könne man letztlich nicht mehr sagen als "Nichts Genaues weiß man nicht": Alles, was darüber in der Bibel steht, erscheint als Ergebnis dessen, was Menschen sich zu verschiedenen Zeiten gedacht und vorgestellt haben, selbst Jesus hatte "keine ausgefeilte Theologie von Himmel und Hölle"; was die Kirche zu diesen Fragen lehrt, kommt überhaupt nicht in den Blick. Am Ende steht nur ein vages "Wir dürfen ja glauben, dass wir zur Ewigkeit, zum Heil, zur ewigen Gemeinschaft mit Gott bestimmt sind". 

"Wir dürfen glauben", das ist so eine klassische Formulierung, mit der man sich um eine klare Positionierung herumdrückt. Auch und gerade, was den eigenen Glauben, die eigene Gottesbeziehung angeht. Wenn der Mann in seinen Predigten schon so gern über sich selbst spricht, warum hört man dann dazu so gut wie nie etwas von ihm? Ich muss gestehen, bei seinen Ausführungen darüber, wie man sich zur Zeit des Alten Testaments die Scheol vorstellte – als einen "Zustand, wo man, ja, so irgendwie dahinvegetiert, wo eigentlich nichts passiert, wo man auch keine Beziehung mehr zu Gott hat" –, konnte ich den Gedanken nicht ganz unterdrücken, das klinge so, als beschriebe er, wie er selbst jetzt schon lebt

Sehr bezeichnend scheint es mir auch, wie er die Voraussetzungen dafür beschrieb, nach dem Tod "irgendwie weiter in Gemeinschaft mit Gott leben" zu können: Diese Möglichkeit, so meinte er, verhießen die etwa ab dem 2. Jh. v. Chr. entstandenen biblischen Zeugnisse denjenigen, die "einigermaßen anständig gelebt haben". In der Überleitung zum Kyrie griff er diese Formulierung nochmals auf: "Bitten wir den Herrn um sein Erbarmen, dass es uns gelingt, einigermaßen anständig zu leben". #Sorrynotsorry, aber dafür, die Größe und Schönheit der christlichen Glaubenslehre, die zu verkünden eigentlich die Aufgabe des Priesters wäre, auf die fade, dröge Mahnung zu reduzieren, "einigermaßen anständig zu leben", fällt mir kein passenderweise Wort ein als "erbärmlich". 

Der Haken an der Sache ist natürlich, dass die Forderung, "einigermaßen anständig zu leben", ein ganzes Bündel von Verhaltungserwartungen umfasst – und dabei suggeriert, es gäbe einem allgemeinen Konsens darüber, was alles in dieses Bündel hineingehört. Gehört es zum anständigen Leben, nicht mit vollem Mund zu reden, sich regelmäßig die Zähne zu putzen, täglich die Socken zu wechseln? Seinen Dispo-Kredit nicht zu überziehen? Seinen Müll zu trennen, Bio-Produkte zu kaufen, nicht AfD zu wählen? Der hier in Frage stehende Priester würde, wie ich ihn kenne, wahrscheinlich "Ja" sagen, aber es geht mir hier – wie immer – nicht um eine einzelne Person. Es wäre den Aufwand, diesen Artikel zu schreiben, gar nicht wert, wenn es nur um die individuellen Marotten eines einzelnen Geistlichen ginge. Dennoch sei es mir verziehen, wenn mir in diesem Zusammenhang eine andere Predigt desselben Priesters einfällt: Sie hätte genausogut auch von jemand anderem sein können, und ich gehe davon aus, dass der größte Teil meiner Leser ihn sowieso nicht kennt. 

In der Predigt, die ich meine – und über die ich schon damals, vor fast viereinhalb Jahren, gebloggt habe –, ging es um das Gleichnis vom reichen Prasser und dem armen Lazarus (Lk 16,19-31), außerdem war gerade Erntedank, und die Aufgabe, beides auf einen Nenner zu bringen, löste der Priester, indem er über Lebensmittelverschwendung predigte. Damit aber nicht genug: Den Satz "Sie haben Mose und die Propheten, auf die sollen sie hören" (V. 29) nahm er zum Anlass, die Uneinsichtigkeit der Leute zu tadeln, die beispielsweise den Klimawandel leugnen. In diesem Sinne, so meinte er, übernähmen heutzutage die Medien die Funktion der Propheten. – Zu dieser Predigt gab es seinerzeit ein Nachgespräch, und darin äußerte ich, diesen Bezug zum Thema Klimawandel fände ich nicht überzeugend: Im Kontext der Bibelstelle gehe es schließlich recht eindeutig darum, dass die Brüder des reichen Prassers von Mose und den Propheten lernen sollen, wie sie es vermeiden können, in die Hölle zu kommen; wäre es da nicht vielleicht sinnvoll, das auch in der Predigt anzusprechen? – 

Um mal meinen eigenen damaligen Artikel zu zitieren: "Der Pfarrer schaltete sofort in den Rechtfertigungsmodus  und erklärte, er würde ja durchaus auch mal über die Letzten Dinge predigen". Aus heutiger Sicht muss ich sagen: Wenn dieses Predigen über die Letzten Dinge so aussieht wie oben geschildert, sollte er es vielleicht lieber bleiben lassen


Hinweis in eigener Sache: Dieser Artikel erschien zuerst am 02.04. auf der Patreon-Seite "Mittwochsklub". Gegen einen bescheidenen Beitrag von 5-15 € im Monat gibt es dort für Abonnenten neben der Möglichkeit, Blogartikel bis zu einer Woche früher zu lesen, auch allerlei exklusiven Content, und wenn das als Anreiz nicht ausreicht, dann seht es als solidarischen Akt: Jeder, der für die Patreon-Seite zahlt, leistet einen Beitrag dazu, dass dieser Blog für den Rest der Welt kostenlos bleibt! 


Samstag, 6. April 2024

Creative Minority Report Nr. 24

Frohe Ostern, Leser! Christus ist auferstanden – ja, Er ist wahrhaft auferstanden! Und folgerichtig steht dieses Wochenbriefing, wie es sich gehört, ganz im Zeichen des Osterfests. Na ja: fast ganz. Sagen wir, das Thema Ostern prägt die Mehrzahl der thematischen Abschnitte dieser "Creative Minority Report"-Ausgabe, von den Eindrücken, die ich aus zwei Ostergottesdiensten in St. Joseph Siemensstadt mitgenommen habe, bis hin zum "Geistlichen Impuls der Woche" und zum "Ohrwurm der Woche". Als weitere Themen werden Aprilscherze auf kirchlichen Social-Media-Kanälen sowie Neuigkeiten zum Religionsunterricht an Berliner Schulen angesprochen. Also dann: Hinein ins Vergnügen! 

Dieses Foto habe ich schon vor ein paar Wochen beim JAM aufgenommen, habe es aber für den passenden Anlass "aufgehoben". 


Was bisher geschah 

Am vergangenen Wochenende galt es zunächst einmal, die religiöse und die säkulare Observanz des Osterfest unter einen Hut zu bringen: Am Samstagabend gingen wir mit den Kindern in St. Joseph Siemensstadt in die Osternacht (Näheres dazu unter "Dies ist die Nacht!"), danach mussten wir erst mal gründlich ausschlafen, und gegen Mittag am Ostersonntag ging's dann zu meinen Schwiegermüttern, wo Ostern mehr mit Eiern und Schokohasen zu tun hatte als mit der Auferstehung Christi. Das Wetter war toll, daher durfte auch eine Ostereiersuche im Garten nicht fehlen. 


Am Ostermontag wollten wir erneut in Siemensstadt in die Kirche; allerdings waren die Kinder, deren Biorhythmus durch die Kombination von Osternacht und Zeitumstellung offenbar gründlich durcheinandergebracht worden war, morgens nicht wach zu kriegen, also ging ich, sozusagen stellvertretend für die ganze Familie, allein zur Kirche, während meine Liebste die Kinder ausschlafen ließ und später mit ihnen ins Schwimmbad ging. Ein bisschen schade war das nicht zuletzt deshalb, weil es im Anschluss an die Ostermontagsmesse eine Ostereiersuche für Kinder auf dem Kirchengelände gab; aber okay, so blieben "die religiöse und die säkulare Observanz des Osterfest", wie ich sie weiter oben genannt habe, wenigstens säuberlich voneinander getrennt. 

In den folgenden Tagen nahmen meine Liebste und ich einige überfällige Arbeiten in der Wohnung in Angriff; das als "Frühjahrsputz" zu bezeichnen, wäre wohl etwas euphemistisch – "Frühjahrs-Entrümpelung" trifft es besser. Daneben nutzte meine Liebste die Ferien aber auch dazu, Verschiedenes mit den Kindern zu unternehmen, was ich wiederum dazu nutzte, mal ein bisschen "Zeit für mich" zu haben. Der für Freitag – also gestern – angedachte Ausflug nach Beelitz wurde derweil erst einmal verschoben. Stattdessen äußerte der Jüngste schon morgens beim Aufstehen den Wunsch, einen Kuchen zu backen, und das machten wir denn auch, weil, warum denn nicht. Und heute war schon wieder Gorkistraßenfest, womit wohl feststeht, dass ich mich deutlich verschätzt habe, als ich unlängst angab, diese Veranstaltung finde "ungefähr zweimal im Jahr" statt. 


Was ansteht 

Morgen ist einerseits Barmherzigkeitssonntag, andererseits aber auch der erste Sonntag im Monat und damit der einzige Termin im Monat, an dem die EFG The Rock Christuskirche ihren Sonntagsgottesdienst vormittags feiert – direkt im Anschluss an die Heilige Messe in St. Stephanus schräg gegenüber. Aus diesem Anlass haben wir uns vorgenommen, mal nicht in Siemensstadt in die Messe zu gehen, sondern in Haselhorst. Am Montag wird das Hochfest der Verkündigung des Herrn "nachgefeiert"; am selben Tag geht allerdings auch die Schule wieder los. Ob sich für diejenigen Familienmitglieder, die nicht zur Schule müssen – also unseren Jüngsten und mich – eine Möglichkeit ergeben wird, das Hochfest mit einem Messbesuch zu würdigen, erscheint fraglich; aber wenigstens eine Lobpreisandacht sollte eigentlich drin sein. Am Dienstag trifft sich der KiWoGo-Arbeitskreis, um die nächsten anstehenden Kinderwortgottesdienste zu planen. Für den April-KiWoGo, am 4. Sonntag der Osterzeit, habe ich schon ein paar Ideen, aber dazu zu gegebener Zeit mehr. Am Mittwoch ist wieder JAM, ich gehe davon aus, dass wir da hin wollen. Am Donnerstag soll die dritte Folge meiner Tagespost-Kolumne erscheinen, die ich allerdings erst noch schreiben muss. Am Samstag steht dann der erste von sieben regelmäßigen Wichtelgruppen-Terminen bis zu den Sommerferien an; ich bin sehr gespannt, wie das läuft, da ich die Hoffnung habe, dass diese sieben Gruppentreffen endlich mal signifikante Fortschritte beim Aufbau der Gruppe bringen werden... 


Dies ist die Nacht! 

Am Abend des Karsamstags brachen wir früher als nötig zur Feier der Osternacht in Siemensstadt auf; wobei "früher als nötig" den Sachverhalt vielleicht nicht ganz trifft: Die Kinder waren mehr oder weniger den ganzen Tag, oder jedenfalls immer wieder im Laufe des Tages, ziemlich chaotisch und anstrengend drauf gewesen, und nach dem früher als gewöhnlich aufgetischten Abendessen äußerte meine Liebste die Vermutung, unser Jüngster sei so müde, dass er praktisch jeden Moment einschlafen könne, daher sollten wir uns beeilen, uns auf den Weg zu machen. Diese Kalkulation erwies sich als richtig: Der Knabe schlief während der Busfahrt ein und verbrachte daraufhin einen Großteil des Gottesdienstes friedlich schlummernd im Kinderwagen. Auch die Große nickte im Bus kurz ein oder war zumindest kurz davor, aber meine Erwartung, sie werde in der Kirche einschlafen – womöglich während der Lesungen aus dem Alten Testament –, erfüllte sich nicht. Zwar klagte sie zwischendurch mal, sie sei so müde, dass sie kaum die Augen offen halten könne, aber geschlossen halten konnte sie sie offenbar erst recht nicht

Ich möchte bei dieser Gelegenheit übrigens zu Protokoll geben, dass ich ein absoluter Fan der Osternacht-Liturgie bin, und natürlich hoffe ich, diese Begeisterung an meine Kinder weitergeben zu können. Bei der ersten Osternacht-Feier, an die ich noch vage Erinnerungen habe, muss ich so neun oder zehn Jahre alt gewesen sein; so gesehen haben meine Kinder mir gegenüber schon mal einen Vorsprung. – Wie dem auch sei: Ich finde diese Liturgie großartig. Das Entzünden der Osterkerze und des Weihrauchs am Osterfeuer, den Einzug in die dunkle Kirche, das Exsultet, die vielen Lesungen (wir hatten, wie schon letztes Jahr, fünf Lesungen aus dem Alten Testament; wer bietet mehr?), das pompöse Gloria, die Weihe des Taufwassers... Diese Feier ist wirklich in mehr als einer Hinsicht der Höhepunkt des Kirchenjahres. 

In der Predigt wies der Pfarrvikar zunächst darauf hin, in welcher Lage sich die Jünger nach dem Tod Jesu befanden: "Sie haben alles für Jesus gegeben, sie sind Ihm nachgefolgt, sie haben Jahre mit Ihm verbracht, ihr Geld, ihre Zeit, alles für Ihn investiert, und dann, auf einmal, platzen alle Träume." Er fügte hinzu, es sei "klar, dass auch unser Leben manchmal so ist". An die Passage in der Passionslesung erinnernd, im der Petrus sich an einem Kohlenfeuer wärmt, während Jesus den Hohepriestern vorgeführt wird, führte er aus, "das kleine Kohlenfeuer" stehe für "die kleinen Sicherheiten im Leben, das Bankkonto, das kleine Glück zu Hause. Aber dieses Kohlenfeuer wärmt nicht wirklich. Es bleibt außenherum kalt. [...] Das heißt, sich abzufinden mit einem kleinen Leben." Zum Besuch der Frauen am Grab, von dem im Evangelium der Osternacht die Rede ist, merkte er an: "Christus wartet gerade dort in der Dunkelheit auf uns. In der dunkelsten Ecke unseres Lebens ist die Begegnung mit Christus: Das ist Ostern. Wo wir uns am meisten vom Leben entfernt haben, in unserem Grab, da ist Christus. Dort ist der Wendepunkt." Und weiter: "Jeder sucht Christus, unbewusst. Wir suchen das Glück des Lebens und damit Christus. Aber wir suchen an den falschen Orten: im Grab." (So herausgelöst aus dem Zusammenhang mögen diese beiden Aussagen auf den ersten Blick etwas widersprüchlich erscheinen. Ich kann nur sagen, im Zusammenhang der Predigt waren sie das nicht. Aber diesen Zusammenhang präzise nachzuzeichnen, würde hier und jetzt den Rahmen sprengen.) 

Festhalten möchte ich indes noch ein paar Kernsätze aus dem Schlussteil der Predigt; so betonte der Pfarrvikar: "Ostern ist immer persönlich. Es ist keine Theorie, keine Ideologie. Ostern ist eine persönliche Begegnung mit dem, der mich aus dem Geab geholt hat." Und schließlich: "Mit Ihm zusammen ist das Leben ein phantastisches Abenteuer, eine Hochzeitsreise. Diese Hochzeitsreise startet heute." 


Wir haben Zeit! – Ein Predigtimpuls zum Ostermontag 

Die Messe am Ostermontag hielt der Spandauer Krankenhausseelsorger; diese Tatsache registrierte ich mit einem spontanen "Och nö"-Gefühl, aber im nächsten Moment sagte ich mir, ich sollte besser aufpassen, meine negative Voreingenommenheit gegenüber diesem Geistlichen nicht überhand nehmen zu lassen. Man darf sich auch ruhig mal in Erinnerung rufen, dass es nicht zu den wesentlichen Aufgaben (geschweige denn Pflichten) eines Priesters gehört, mir persönlich sympathisch zu sein. Dass er die Gemeinde gleich bei der Begrüßung aufforderte, Platz zu nehmen, um sich einen kleinen (etwa zweieinhalb Minuten langen) Impuls anzuhören, und beschwichtigend anmerkte "Dafür gibt's keine Predigt", entlockte mir zwar ein Stirnrunzeln – über die Unsitte, in Gottesdiensten, in denen nicht gepredigt wird, ersatzweise die Begrüßungsworte zu einer Kurzpredigt auszubauen, habe ich mich erst kürzlich in einem (bisher allerdings nur auf Patreon erschienenen) Artikel ausgelassen –, aber inhaltlich fand ich das, was er an dieser Stelle zu sagen hatte, durchaus bedenkenswert. Ausgehend von der Feststellung, dass, während nach weltlichem Verständnis das Osterfest schon wieder fast vorbei sei, im kirchlichen Kalender die Osterzeit gerade erst begonnen habe, sprach er darüber, dass es auch und nicht zuletzt unter Katholiken eine Tendenz dazu gebe, dass "alles nicht schnell genug gehen" könne: Auch in der Heiligen Messe solle möglichst alles kurz und bündig sein, denn danach will man nach Hause und das Mittagessen soll pünktlich auf dem Tisch stehen. Dabei gerate leicht aus dem Blick, dass manche Dinge nun mal Zeit brauchen, um zu wachsen und zu reifen. Gerade in Glaubensdingen. "Es dauert doch eigentlich lange, bis man sich hineinfindet und heimisch wird in der göttlichen Haushaltung, sagt Kierkegaard." Beiläufig merkte der Krankenhausseelsorger an, es gebe Pläne, im Tennis ein neues Punktesystem einzuführen, "damit die Spiele schneller gehen. Und ich habe es geliebt, wenn ein Spiel ewig dauerte." Guck an, dachte ich, da bin ich ganz auf seiner Seite. – Als Fazit oder die "Take-Home-Message" dieser Kurzpredigt könnte man festhalten, dass die Kirche, indem sie sieben Wochen lang Ostern feiert, ein Zeichen gegen den allgegenwärtigen Hang zu Eile und Schnelllebigkeit setzt; und das ist ein Gedanke, mit dem ich durchaus etwas anfangen kann. 


Osterlachen mit Aprilscherzen 

Der – laut Tante Wikipedia – vom 14. bis ins 19. Jahrhundert vor allem im süddeutschen Raum nachgewiesene Brauch des "Osterlachens" (risus paschalis) scheint sich in jüngster Zeit wieder wachsender Beliebtheit zu erfreuen, auch wenn er bei Menschen, die mit dieser Tradition nicht vertraut sind, zuweilen Irritationen auslöst: Es handelt sich nämlich darum, in der Predigt im Ostergottesdienst die Gemeinde zum Lachen zu bringen. Darin soll die Freude über die Auferstehung zum Ausdruck kommen. Bekannt dafür, gern an dieses alte Brauchtum anzuknüpfen, ist besonders der Passauer Bischof Oster (nomen est omen, mag man da versucht sein zu kalauern); aber auch hier in Berlin habe ich seit einigen Jahren immer mal wieder mehr oder weniger gelungene Versuche von Priestern erlebt, in der Osterpredigt einen Witz zu machen. Was das mehr oder weniger Gelungene angeht, ist es nun einmal so, dass das Witzeerzählen einfach nicht jedem liegt, das gilt für Priester genauso wie für andere Menschen; und wenn man das nicht gut kann und es trotzdem versucht, kann das Ergebnis recht peinlich wirken. Insofern bin ich ganz zufrieden damit, dass in den Ostergottesdiensten, die ich heuer besucht habe, keine Witze erzählt wurden; man könnte sagen, es ließ sich umso eher verschmerzen, als Ostern (genauer gesagt: der Ostermontag) dieses Jahr auf den 1. April fiel, sodass an Witzischkeit, auch und gerade im religiös-kirchlichen Kontext, ohnehin kein Mangel herrschte. 

Vergleichsweise simpel gestrickt und daher unschwer durchschaubar fand ich einen Aprilscherz auf der Facebook-Seite des Erzbistums Paderborn über eine Kooperation zwischen der Diözese und dem Fußball-Zweitligisten SC Paderborn 07, die ihren sichtbaren Ausdruck darin finde, dass das Vereinslogo am Turm des Paderborner Doms angebracht worden sei – "eine Verbindung, die Tradition und Moderne, Glauben und Sport vereint". Dem SCP07-Geschäftsführer Martin Hornberger wird die Stellungnahme in den Mund gelegt: "Recht häufig sprechen wir über den 'Fußballgott', sodass die Unterstützung durch das Erzbistum sehr willkommen ist. Gerne realisieren wir mit der katholischen Kirche auch zukünftig gemeinsame Projekte." Weiterhin ist davon die Rede, dass man sich "einen positiven Effekt für das Spiel gegen Hertha BSC" erhoffe. 

In der geschlossenen Facebook-Gruppe "Ein ungenanntes Bistum" war derweil von einer neu erlassenen Apostolischen Konstitution "Ut donum ordinationis presbyteralis" die Rede, "durch die die dogmatischen und kirchenrechtlichen Anforderungen an Spender und Empfänger der Priesterweihe ganz neu geregelt werden": Demnach solle es fortan "nicht allein den Bischöfen vorbehalten" sein, Priester zu weihen, sondern es solle auch "Priestern die Erlaubnis zur Spendung der Priesterweihe" erteilt werden: 

"Jeder Priester darf nun einen oder mehrere Priesterlehrlinge annehmen. Voraussetzungen für die Lehre: Männlich (dem Augenschein nach) und mindestens 16 Jahre alt mit Grundkenntnissen im Lesen, Schreiben und Rechnen. Bewerber unter 16 Jahren benötigen die Erlaubnis ihres Ortspfarrers. Die Lehre dauert ein Jahr, danach finden die Weihen durch alle sieben Weihestufen bis zum Priestertum statt. Einzige Einschränkung: Die neuen Priestergesellen arbeiten zunächst als Altaristen ohne Beicht- und Predigtbefugnis. Nach einem Jahr Priestertum erhalten sie die Beichtfacultas, nach zwei weiteren Jahren die Predigtfacultas." 

Wem das etwas mittelalterlich vorkommt, der hat wohl nicht ganz Unrecht: Nicht umsonst wird auf die Päpste Bonifatius IX. (Pontifikat 1389-1404) und Martin V. (Pontifikat 1417-30) verwiesen, die ähnliche Regelungen getroffen hätten. Es ist wohl keine große Überraschung, dass gerade das Anachronistische an dieser Idee mich irgendwie anspricht. Zwar würde ich, wenn ich darüber zu entscheiden hätte, durchaus daran festhalten, dass die Spendung des Weihesakraments den Bischöfen vorbehalten ist; aber die Idee, dass man Priester wird, indem man bei einem Priester in die Lehre geht, hat was, finde ich. Zwar müsste man dabei das Risiko in Betracht ziehen, dass Priester fehlerhafte Anschauungen und fragwürdige Praktiken an ihre Lehrlinge weitergeben, aber ich halte es keineswegs für ausgemacht, dass man mit dieser Methode im Durchschnitt schlechtere Ergebnisse erzielen würde als mit dem derzeitigen System der Priesterausbildung. 

Aber genug von diesem Gedankenspiel; kommen wir mal zu dem Aprilscherz, den häretisch.de seinen Lesern aufgetischt hat – und in dem es ebenfalls um ein angebliches neues Schreiben aus dem Vatikan geht, in diesem Fall ein Motu proprio mit dem Titel "Insignia et mirabilia". Mit diesem Schreiben, so heißt es in der Meldung, habe Papst Franziskus mit sofortiger Wirkung "die Verwendung von traditionellen Wappen in der katholischen Kirche abgeschafft": 

"Die Heraldik habe in der Kirche unter einem seit Jahrzehnten bestehenden Reformstau gelitten [...]. Zudem stünden Wappen für Klerikalismus und würden Bischöfe sowie Priester von den Gläubigen abheben. Damit müsse nun Schluss sein". 

Weiter heißt es, die Bischöfe sollten fortan "einzelne Symbole anstelle eines Wappenschildes" verwenden: 

"So könnte etwa eine Rose für Aufmerksamkeit und Zuneigung stehen, ein Labyrinth für die oft verworrenen Lebenswege vieler Menschen oder ein Smiley für die Lebensfreude, die der Glaube vermittele." 

Ich denke, man geht nicht fehl, wenn man in diesem Aprilscherz ein gewisses Quantum Wunschdenken vermutet. Bei aller absichtsvollen Überspitzung steht doch kaum zu bezweifeln, dass diese ausgedachte Meldung wiederspiegelt, wie die Mitarbeiter des Bonner Ketzportals sich "zeitgemäße" Reformen in der äußeren Form der kirchlichen Selbstrepräsentation tatsächlich vorstellen. 

Dahingestellt mag indes bleiben, ob Ähnliches auch für den Aprilscherz des Facebook-Accounts des Erzbistums Bamberg gilt. Dieser nimmt Bezug auf die ebenfalls am 1. April in Kraft getretene Legalisierung von Cannabis und behauptet, die "Erzbischöfliche Kraut- und Gartenkammer" habe 

"eine auf Grundlage von Cannabispflanzen hergestellte Weihrauchmischung mit dem Namen 'CANNABISTUM' entwickelt. Ersten Versuchen zufolge verbreitet die neuartige Mischung nicht nur einen einzigartigen Duft, sondern trägt auch dazu bei, dass die spirituellen Erfahrungen der Gottesdienstbesucher neue Höhen erreichen".

Nicht so richtig witzig fand dies indes der emeritierte Bamberger Erzbischof Ludwig Schick, der den Beitrag mit den Worten kommentierte: "Schade, dass die Cannabis Freigabe nicht auch ein Aprilscherz ist. Sie wird viel Unheil unter Kindern, Jugendlichen aber auch Erwachsenen anrichten." 


Doch kein Religionsunterricht in Berlin? 

In den Tagen um Ostern herum habe ich festgestellt, dass das Thema "Religionsunterricht an Berliner Schulen" gerade wieder in der Debatte ist. Allem Anschein nach war es ein Wahlversprechen der CDU bei der letzten Abgeordnetenhauswahl, Religion als ordentliches Lehrfach einzuführen; als Wahlpflichtfach, genauer gesagt. Irgendwie muss mir das bisher entgangen sein. – Wie konnte mir das entgehen, fragst du, o großgünstiger Leser? Nun, ich schätze, dafür gibt es mindestens zwei Gründe: zum einen eine gewisse Skepsis gegenüber der Annahme, Religionsunterricht an staatlichen Schulen sei ein erstrebenswertes Anliegen, und andererseits eine generelle Skepsis gegenüber Wahlversprechen der CDU. Was den letzteren Punkt angeht, muss ich zudem gestehen, es ist in über einem Jahr noch immer nicht so richtig in meinem Bewusstsein angekommen, dass die CDU die Berliner Abgeordnetenhauswahl tatsächlich gewonnen hat. Das erscheint mir so surreal. Wobei, das geht mir mit dem Thema Politik insgesamt mehr und mehr so. Seit Jahren nehme ich mir immer wieder vor, mich weniger für Politik zu interessieren. In einer Gesellschaft wie der unseren kann man diesbezüglich natürlich nur Teilerfolge erzielen, aber ich sag mal: Nicht zu wissen, wer in dem Bundesland, in dem ich lebe, gerade an der Regierung ist, wäre ja schon mal was. 

Aber das nur nebenbei; kommen wir lieber mal zu meiner grundsätzlichen Einstellung zum schulischen Religionsunterricht, denn die, so behaupte ich mal ganz forsch, ist noch kontroverser. Andeutungsweise habe ich mich dazu schon mal geäußert, aber irgendwann werde ich es mal ausführlich tun müssen, vorzugsweise unter der Überschrift "Pro Reli hat mich radikalisiert". – Die Älteren und/oder die Berliner unter uns werden sich vielleicht noch erinnern, wie der 2007 gegründete Verein Pro Reli mittels Volksbegehren und Volksentscheid die Einführung von Religionsunterricht als Wahlpflichtfach an Berliner Schulen (und damit als Alternative zum neu eingeführten Pflichtfach Ethik) durchzusetzen, und damit zwei Wochen nach Ostern 2009 scheiterte. Ich war seinerzeit ein entschiedener Befürworter des Ansinnens von Pro Reli und führte zahlreiche engagierte Diskussionen mit Gegnern der Initiative; aus heutiger Sicht scheint mir indes, dass die Argumente für den konfessionellen Religionsunterricht an staatlichen Schulen, die ich in solchen Diskussionen vorbrachte, eigentlich Argumente dagegen sind. Aber das ist, wie gesagt, eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden. 

Aufmerksam wurde ich auf das ganze Thema erst wieder, als mir am Gründonnerstag über den Presseverteiler des Erzbistums Berlin eine Pressemitteilung des Diözesanrats in mein digitales Postfach flatterte, die die Überschrift "Einführung von Religion als ordentliches Lehrfach in Berlin ist weiterzuverfolgen" trägt. Darin heißt es einleitend: 

"Die Festlegung der Berliner Koalitionsparteien, ein Wahlpflichtfach Weltanschauungen/Religionen als ordentliches Lehrfach einzuführen, hat der Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum Berlin seit seiner Ankündigung begrüßt. Die Vollversammlung Anfang März hat sich einstimmig in einem Beschluss für die baldige Einführung ausgesprochen." 

Bis hierhin fühlte ich mich ja nun erst einmal – nach dem Motto "Kann denn vom Diözesanrat etwas Gutes kommen?" – in meiner kritischen Haltung zum Thema Religionsunterricht bestärkt. Interessant wird's jedoch, als auf einen "aktuellen Pressebericht" Bezug genommen wird, allerdings ohne diesen konkret zu benennen oder gar zu verraten, was da denn nun eigentlich drinsteht. Die charakteristische passiv-aggressive Angepisstheit, mit der die (übrigens in der Pfarrei St. Klara Reinickendorf-Süd beheimatete) Diözesanratsvorsitzende Karlies [sic] Abmeier erklärt, sie gehe "weiter davon aus, dass der Koalitionsvertrag eingehalten wird", daran erinnert, dass "[a]lle Gespräche der jüngsten Zeit [...] darauf hingewiesen" hätten, "dass Religion als ordentliches Lehrfach kommen werde", und schließlich einfordert, "dass noch in dieser Legislaturperiode" – mit anderen Worten: solange noch die CDU am Ruder ist – "mit der Umsetzung begonnen wird, damit der Unterricht auch in Berlin dauerhaft als Angebot im regulären Unterrichtsplan verankert ist", lässt doch sehr vermuten, dass in dem angesprochenen Pressebericht etwas drinstand, was dem Diözesanrat nicht gefallen hat. Mit Hilfe der Google-Nachrichtensuche ließ sich recht leicht ermitteln, worum es ging: Ebenfalls mit Datum vom Gründonnerstag meldete der Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb), Religion werde "vorerst wohl doch kein reguläres Schulfach in Berlin." Weiter heißt es da: 

"Die von der schwarz-roten Koalition geplante Einführung eines Wahlpflichtfachs Religion ist in der vom Senat vorgesehenen Schulgesetzänderung nicht enthalten. Das geht aus einer Gesetzesvorlage des Senats hervor, die dem rbb vorliegt." 

Die letzten Messen – man verzeihe mir den Kalauer – sind in dieser Angelegenheit allerdings wohl noch nicht gesungen: 

"Religion als ordentliches Unterrichtsfach war auf Drängen der CDU in die Koalitionsvereinbarungen mit der SPD aufgenommen worden. Warum es nun nicht in die geplante Schulgesetzänderung aufgenommen wurde, dazu äußerte sich Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) bisher nicht. Von der Bildungsverwaltung hieß es, daran werde noch gearbeitet." 

Der Diözesanrat beharrt derweil "[v]ekenntnisorientierter Religionsunterricht" sei gerade "in einer multireligiösen Stadt wie Berlin von erheblicher Bedeutung", aber so ganz ohne Erläuterung oder Begründung finde ich diese Behauptung nicht besonders überzeugend. Übrigens entnehme ich dem Bericht des rbb – sofern ich ihn richtig verstehe –, dass die Vereinbarung der Koalition zum Thema Religion als Wahlpflichtfach von vornherein keine Wahlfreiheit zwischen Religions- und Ethikunterricht vorgesehen hat, wie Pro Reli es seinerzeit angestrebt hatte. Und da muss ich dann vollends sagen: Wenn Religionsunterricht an öffentlichen Schulen nicht einmal dazu nützt, der Indoktrinierung durch den staatlich verordneten Ethikunterricht zu entgehen, dann kann man gut darauf verzichten. 


Geistlicher Impuls der Woche 

Wenn aber verkündet wird, dass Christus von den Toten auferweckt worden ist, wie können dann einige von euch sagen: Eine Auferstehung der Toten gibt es nicht? Wenn es keine Auferstehung der Toten gibt, ist auch Christus nicht auferweckt worden. Ist aber Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung leer, leer auch euer Glaube. 

Denn wenn Tote nicht auferweckt werden, ist auch Christus nicht auferweckt worden. Wenn aber Christus nicht auferweckt worden ist, dann ist euer Glaube nutzlos und ihr seid immer noch in euren Sünden; und auch die in Christus Entschlafenen sind dann verloren. Wenn wir allein für dieses Leben unsere Hoffnung auf Christus gesetzt haben, sind wir erbärmlicher daran als alle anderen Menschen. Nun aber ist Christus von den Toten auferweckt worden als der Erste der Entschlafenen. 

(1. Korinther 15,12-14.16-20) 


Ohrwurm der Woche 

Tevin Campbell: I Know That My Redeemer Liveth 

Nachdem wir in dieser Rubrik schon vorige Woche Lobpreis hatten, dachte ich mir, zu Ostern darf's mal wieder ein Stück von dem schon mehrfach gewürdigten Album "Handel's Messiah – A Soulful Celebration" sein. Das von Händel als Sopran-Arie komponierte "I Know That My Redeemer Liveth" wird hier von Schmusesänger Tevin Campbell als Soul-Ballade interpretiert. Mit Blick auf den Text – aus Hiob 19,25f. – ist mir übrigens etwas Interessantes aufgefallen: In der King James Version heißt es in Vers 26 "in my flesh shall I see God", was die Lehre von der Auferstehung des Fleisches vorwegzunehmen scheint; dagegen wird dieselbe Stelle in der Einheitsübersetzung (und ähnlich auch in der Lutherbibel-Ausgabe von 2017) als "ohne mein Fleisch werde ich Gott schauen" wiedergegeben, was ja nun geradezu das Gegenteil auszusagen scheint. Eine Formulierung, die gewissermaßen die Balance zwischen diesen Gegensätzen hält, bietet die Elberfelder Übersetzung: Da heißt es "aus meinem Fleisch". Ob der hebräische Urtext ebenfalls eine derartige Ambivalenz aufweist, vermag ich indes nicht zu sagen.