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Donnerstag, 17. Juli 2014

Keine Atempause - Geschichte wird gemacht! (II)

Noch keine Woche ist vergangen seit der offiziellen Bekanntgabe der Ernennung Kardinal Woelkis zum Erzbischof von Köln. Bis zu seiner feierlichen Amtseinführung sind es noch rund zwei Monate, und die Sedisvakanz im Erzbistum Berlin hat offiziell noch nicht einmal begonnen. Trotzdem dreht sich das Bischofskarussell schon jetzt mit beeindruckendem Tempo. Und wer profitiert am meisten davon? - Richtig: die Umzugsunternehmen!


Diese amüsante Meldung, die das Erzbistum Berlin via Twitter und Facebook verbreitete, ist allerdings mitneffen der Hauptgrund dafür, dass ich mich innerhalb so kurzer Zeit schon zum zweiten Mal zu einem Update zum Thema Wird Tebartz-van Elst neuer Erzbischof von Berlin? veranlasst sehe. Die viel bedeutendere Neuigkeit lautet: Der als möglicher Woelki-Nachfolger in den Medien hoch gehandelte Reinhard Kardinal Marx, Erzbischof von München-Freising, WILL NICHT NACH BERLIN! Das berichtet die Katholische Nachrichtenagentur (KNA). Anlässlich eines Treffens der Freisinger Bischofskonferenz mit dem evangelischen Landeskirchenrat in München habe Marx auf die Frage eines Journalisten, ob er nach Berlin gehen oder in München bleiben werde, geantwortet: "Selbstverständlich bleibe ich in München."

Darüber, was von dieser Versicherung zu halten ist, gehen die Meinungen allerdings auseinander. Ich persönlich halte es zwar - aus Gründen, die ich unlängst bereits dargelegt habe - für durchaus glaubwürdig, dass Kardinal Marx nicht besonders erpicht darauf ist, seinen Posten in München für Berlin aufzugeben. Andere meinen, Marx agiere hier "wie ein Politiker"; mit seinem Dementi wolle er, solange über die Woelki-Nachfolge in Berlin noch nicht entschieden sei, lediglich die Münchner beruhigen bzw. bei Laune halten, die sowieso schon - bedingt durch die zahlreichen anderen Ämter des Erzbischofs - "so wenig von ihm haben". Ähnlich habe sich zudem auch Kardinal Woelki über Berlin geäußert, ehe er dann doch nach Köln berufen wurde.

Nun gut: Sicher wissen kann man vorläufig noch nicht, ob Kardinal Marx nicht insgeheim doch nach Berlin will. Womöglich weiß er es noch nicht einmal selbst mit Sicherheit - man mag da an manch einen CSU-Granden denken, der nach einem Wahlsieg im Bund vor der Entscheidung steht, ob er wirklich sein beschauliches Dasein in Bayern aufgeben soll, um einen Posten in der Bundesregierung anzustreben. -- Was aber, wenn Kardinal Marx' Absage an Berlin tatsächlich eine definitive Absage war?


Tja: Es ist mal wieder soweit. Ein Gespenst geht um in Deutschland. Das Gespenst einer Badewanne. Und es beeinflusst zunehmend die Diskussionen um den geplanten Umbau der Berliner St.-Hedwigs-Kathedrale.


Genau dies - dass "alles besser" sei als eine "Kirche ohne Kniebänke" - ist allerdings wiederum ein Punkt, an dem die Meinungen auseinander gehen. Pater Bernd Hagenkord SJ beispielsweise, der Leiter der deutschsprachigen Sektion von Radio Vatikan, lobt in einem Beitrag seines Blogs Laudetur Jesus Christus den umstrittenen Entwurf für die Neugestaltung der Hedwigskathedrale dermaßen über den grünen Klee, dass man denken könnte, der Architekt wäre sein Schwager. Aber okay, de gustibus non est disputandum; viel interessanter an Pater Hagenkords Blogbeitrag finde ich ein Detail, auf das ich via Twitter aufmerksam gemacht wurde:


In der Tat schreibt Pater Hagenkord:
"Mir gefällt diese Umgestaltung. Bei deren Vorstellung kam aber auch gleich die Frage nach den Kosten und nach der Finanzierung, der Name 'Limburg' fiel ebenfalls und gerade jetzt muss man sich diesem Argument stellen, auch wenn es billig daher kommt, das eine mit dem anderen aufrechnen zu wollen." 
Die Aussage kommt ein wenig kryptisch daher, man weiß nicht genau, ob die Neugestaltung von St. Hedwig nun billiger oder teurer werden soll als das Diözesane Zentrum St. Nikolaus in Limburg und wem man dann daran die Schuld geben will, aber das macht ja auch nichts, denn man soll ja nicht "das eine mit dem anderen aufrechnen". Dass dem geneigten Leser hier rein assoziativ der Gedanke kommen kann, für die anstehenden Aufgaben im Erzbistum Berlin sei Bischof Tebartz-van Elst genau der richtige Mann, hat Pater Hagenkord gewiss nicht beabsichtigt, aber das macht diesen Lapsus nur umso auffälliger.

Eine ähnlich interessante assoziative Verbindung zwischen TvE und Berlin stellte der Internet-Comedian Robert Michel alias Rob Vegas in einem Beitrag seines von über 61.000 Nutzern abonnierten Twitter-Accounts @BonitoTV her, und zwar im Zusammenhang mit der Empfangsfeier für die siegreiche deutsche Fußball-Nationalmannschaft bei deren Heimkehr von der WM in Brasilien:


Einschlägige Reaktionen aus der Blogoezese und ihrem Umfeld ließen nicht auf sich warten:



Tja, wenn's nur so gewesen wäre! Aber egal ob fragwürdige Bauprojekte in Sakralbauten oder Gaucho-Tänze auf der Fanmeile, ein Eindruck verfestigt sich mehr und mehr:


Kann es unter solchen Umständen Zufall sein, dass ausgerechnet jetzt ein neues Buch über den Fall Tebartz-van Elst erscheint? In einer Vorab-Rezension der schon erwähnten KNA heißt es zwar, es gehe nicht darum, "Tebartz-van Elst zu desavouieren oder erneut zu skandalisieren"; aber gleichzeitig entsteht der Eindruck, die tatsächliche Agenda der Autoren gehe darüber noch weit hinaus. So meint Mitautor Gregor Maria Hoff, Professor für Fundamentaltheologie und Ökumenische Theologie in Salzburg, "dass das System der Bischofsernennung in der katholischen Kirchen an seine Grenzen gekommen ist":
"Vielleicht ließe sich ernstmachen mit einer aktiven Beteiligung des Volkes Gottes an der Bestimmung der Bischöfe? Weitermachen wie bisher ist kein Weg."
Schon klar: Hoch auf dem Mehr-Demokratie-Wagen sitz' ich beim Schwager vorn.Vorwärts die Rosse traben, lustig schmettert das Horn. Wie es aussehen könnte, wenn Bewerber um ein Bischofsamt künftig öffentlich Wahlkampf betreiben würden, darauf gönnt uns derweil der Trierer Bischof Stephan Ackermann, der - nachdem er in Köln nicht zum Zuge gekommen ist - auch für das Erzbistum an der Spree ins Gespräch gebracht wurde, einen Vorgeschmack. Um einmal mehr zu demonstrieren, wie modern, aufgeschlossen und allgemein total unverkrampft er ist, trat er jüngst bei einer Veranstaltung es Lesben-und Schwulenverbandes Saar auf - und auch hier berichtete die KNA. "Erstmals stellte sich [...] ein katholischer Bischof öffentlich den Fragen von Lesben und Schwulen" -- wirklich erstmals? Na ja, nicht ganz - "ähnliche Gespräche" hat es "beispielsweise auch schon im Erzbistum Berlin [!!!] oder im Bistum Essen gegeben", aber das war halt doch irgendwie was Anderes, oder zumindest muss man das behaupten, damit diese Veranstaltung als etwas Neues und Ackermann somit als Trendsetter dasteht. Ob die Charmeoffensive gegenüber der LGBTTIQ-(oder wie die jetzt vollständig heißt)-Szene vom gewünschten Erfolg gekrönt sein wird, bleibt indessen abzuwarten; schon der KNA-Bericht lässt den Eindruck entstehen, dass die Teilnehmer der Diskussion den hippen Jungbischof nicht ganz so sehr zum Knuddeln fanden, und warten wir erst mal ab, wie nichtkirchliche Nachrichtenportale Ackermanns Performance beurteilen werden...

Aber gehen wir einstweilen mal beruhigt davon aus, dass über die Neubesetzung des Erzbischöflichen Stuhls zu Berlin auch künftig gemäß Artikel 6 des Preußischen Konkordats von 1929 entschieden wird  und nicht per Online-Voting. Und das ist auch gut so, denn andernfalls könnte womöglich die abgefahrene, allerdings offenbar satirisch gemeinte Idee des Berliner Zeitungs-Redakteurs Jan Thomsen Wirklichkeit werden, Nachfolger Kardinal Woelkis als Erzbischof von Berlin könne oder solle der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit werden. Sehr witzig, Herr Thomsen! Ausgerechnet Wowereit -- jemand, dem man in Hinblick auf selbstherrliches Auftreten, Beratungsresistenz, fragwürdige Finanzpraktiken und explodierende Kosten bei Bauprojekten ein noch erheblich schlechteres Zeugnis ausstellen müsste als... äh... wem nochmal? 

Genau.


(Fortsetzung folgt. Will ich doch mal annehmen.)


Montag, 14. Juli 2014

Die üblichen Verdächtigen

Köln freut sich auf seinen neuen Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki. In Berlin wird sein Weggang bedauert. - Aber nicht von allen. Claudia Keller, die für das Ressort Kirchenbashing zuständige Redakteurin des Berliner Tagesspiegels, lässt es sich nicht nehmen, dem scheidenden Metropoliten - der allerdings erst Anfang September aus dem Erzbistum Berlin verabschiedet wird - Steine hinterher zu werfen. Zwar hält sie Woelki zu Gute, er habe sich in seiner dreijährigen Amtszeit an der Spree von seinem einstigen Mentor Kardinal Meisner - "der das Kölner Erzbsitum 25 Jahre mit eiserner Hand geleitet hat" - "und dessen immer noch mächtigen Seilschaften emanzipiert", weshalb sie schadenfroh orakelt, die "Rückkehr an den Rhein" dürfte für Woelki "nicht nur die reine Freude werden"; dennoch gelingt es Frau Keller, in Berlin jemanden auszugraben, der den weithin für seine Volksnähe, Bescheidenheit und Dialogbereitschaft geschätzten Woelki als "verschlossen, engstirnig und auf seiner Meinung beharrend" bezeichnet. Wer ist es, der so spricht? Es ist "Walter Plümpe von der Gemeinde Heilige Familie in Prenzlauer Berg". Wortspiele à la "plümpe Kritik" bieten sich hier an, wären aber wohl selbst ein wenig plümp. Immerhin jedoch weckt der markante Name des Woelki-Tadlers die Erinnerung daran, ihn im selben Zusammenhang schon einmal gehört bzw. gelesen zu haben: in einem Tagesspiegel-Artikel vom 05.08.2013 mit dem Titel "Kardinales Unverständnis", verfasst von, genau, Claudia Keller. An diesen Artikel erinnere ich mich zugegebenermaßen vor allem deshalb so genau, weil ich bereits damals darüber gebloggt habe. In besagtem Artikel war der Familie Plümpe, insbesondere Frau Angelika, breiter Raum für ihre Klagen über die geplante Bildung von Großpfarreien, so genannten "Pastoralen Räumen", eingeräumt worden. Und nun kommt also nach Angelika der Walter zu Wort. Kennt Claudia Keller die Plümpes persönlich, ist sie womöglich öfter mal zum Kaffee bei ihnen eingeladen? Oder hat sie einfach keine anderen Kronzeugen dafür gefunden, wie böse der scheinbar so nette Kardinal Woelki in Wirklichkeit ist?

Ähnlich wenig phantasievoll zeigt sich Claudia Keller in ihren Spekulationen darüber, wer Woelkis Nachfolger in Berlin werden könnte. "Als mögliche Nachfolger werden der Dresdener Bischof Heiner Koch gehandelt, der Essener Bischof und Militärbischof Franz-Josef Overbeck und der Trierer Bischof Stephan Ackermann." Das sind Punkt für Punkt dieselben Namen, die - neben Woelki und je nach Quelle noch ein, zwei anderen - bereits für die Meisner-Nachfolge in Köln im Gespräch waren. Wobei es von Koch stets hieß, seine Berufung sei unwahrscheinlich, weil er ja gerade erst - nämlich im Januar 2013 - Bischof von Dresden-Meißen geworden ist. Gilt dieses Argument jetzt nicht mehr? Wird aus Woelkis Wechsel nach Köln geschlossen, wenn man den Berlinern nach nur drei Jahren ihren Erzbischof wegnehmen könne, dann könne man das mit den Sachsen getrost schon nach der Hälfte dieser Zeit tun? - Dass Ackermann und Overbeck in den Medien hoch gehandelt werden, lässt sich unschwer nachvollziehen. Beide sind - für Bischöfe der Römisch-Katholischen Kirche - noch relativ jung (Ackermann 51, Overbeck 50 Jahre), können aber bereits eine jeweils fünfjährige Erfahrung als Diözesanbischof vorweisen und haben eine beachtliche Medienpräsenz, die Manchen darauf schließen lassen mag, dass sie nach Höherem streben als auf lange Sicht Bischof von Trier respektive Essen zu bleiben. Für Ackermann spricht aus Sicht der kirchenkritischen Presse zudem, dass er sich wiederholt als ausgesprochen liberal positioniert hat, zuletzt im Zusammenhang mit der vom Vatikan in Auftrag gegebenen Umfrage zur katholischen Sexualmoral. Von Overbeck kann man dergleichen ursprünglich nicht behaupten, erregte er doch im April 2010 Aufsehen bzw. Empörung mit der in einer Talkrunde bei Anne Will getätigte Aussage, Homosexualität sei Sünde - eine Äußerung, von der er sich später wieder distanzierte. Seither ist es ihm jedenfalls recht gut gelungen, sein Hardliner-Image abzulegen; zuweilen wird er sogar als "einer der Motoren des Dialogprozesses in der katholischen Kirche in Deutschland" apostrophiert.

-- Nochmals darüber nachgedacht, ist es nicht gerade selbsterklärend, dass Medien, die nie genug davon bekommen, die Kirche als rückständig und verknöchert darzustellen, im Zusammenhang mit anstehenden Bischofswahlen und -ernennungen so gern Kandidaten promoten, die als vergleichsweise liberal gelten. Widersprechen sie sich damit nicht irgendwo selbst? Spricht daraus die Hoffnung, die Kirche würde ein bisschen mehr so werden, wie man sie gern hätte? - Aber würde man dann nicht ein liebgewonnenes Feindbild verlieren? -- Oder ist es vielmehr so, dass die liberalen Kandidaten im Vorfeld als aussichtsreich dargestellt werden, weil man darauf hofft, dass sie es dann doch nicht werden, woran man folgerichtig reaktionären Seilschaften in der Kirche die Schuld geben kann? --

Vielleicht ist im Fall des hier besprochenen Tagesspiegel-Artikels aber auch mein erster Eindruck richtig, und es ist pure Phantasielosigkeit, dass hier wieder dieselben Namen genannt werden wie in den Spekulationen um die Meisner-Nachfolge in Köln. Vielleicht kennt Claudia Keller einfach keine anderen möglichen Kandidaten - ebenso wie sie keine anderen "engagierten, aber kritischen" Berliner Katholiken kennt als Familie Plümpe aus Prenzlauer Berg.

Man könnte mir an dieser Stelle vorwerfen, recht machen könne es mir die Presse offenbar überhaupt nicht: Legt sie zu viel Phantasie an den Tag wie jüngst die WELT mit ihrem Konstrukt eines "Bischofskarussells" Woelki-Marx-Gänswein, beschwere ich mich auch darüber. Nun gut. Im Grunde hoffe ich für Berlin auf eine wirklich überraschende Lösung, wie es sie jüngst in Passau und Freiburg gab. Und in der Zwischenzeit könnten die Medien ruhig mal das in katholischen Bloggerkreisen kursierende Gerücht aufgreifen, demzufolge Franz-Peter Tebartz-van Elst als neuer Erzbischof von Berlin im Gespräch ist...
einer der Motoren des Dialogprozesses in der katholischen Kirche in Deutschland

Kölner Domkapitel: Ackermann, Overbeck und Heße gelten als Bischofskandidaten | GA-Bonn - Lesen Sie mehr auf:
http://www.general-anzeiger-bonn.de/news/politik/ackermann-overbeck-und-hesse-gelten-als-bischofskandidaten-article1383529.html#plx1010358547
einer der Motoren des Dialogprozesses in der katholischen Kirche in Deutschland

Kölner Domkapitel: Ackermann, Overbeck und Heße gelten als Bischofskandidaten | GA-Bonn - Lesen Sie mehr auf:
http://www.general-anzeiger-bonn.de/news/politik/ackermann-overbeck-und-hesse-gelten-als-bischofskandidaten-article1383529.html#plx1010358547einer
einer der Motoren des Dialogprozesses in der katholischen Kirche in Deutschland

Kölner Domkapitel: Ackermann, Overbeck und Heße gelten als Bischofskandidaten | GA-Bonn - Lesen Sie mehr auf:
http://www.general-anzeiger-bonn.de/news/politik/ackermann-overbeck-und-hesse-gelten-als-bischofskandidaten-article1383529.html#plx1010358547

Sonntag, 13. Juli 2014

Keine Atempause - Geschichte wird gemacht!

Nicht einmal zwei volle Tage sind vergangen, seit ich in meinem Blog den Versuch gestartet habe, die durch Kardinal Woelkis Berufung nach Köln veranlasste Nachfolgediskussion im Erzbistum Berlin in eine... ähem... bestimmte Richtung zu lenken. Und ich muss sagen, ich bin recht beeindruckt von den Ergebnissen! Hier also schon mal ein kleiner Zwischenstand.

Dass die Zugriffszahlen auf meinen Blog seit vorgestern Abend steil in die Höhe gehen und der Artikel "Wir backen uns einen Erzbischof" bereits nach kurzer Zeit einer der meistgelesenen Beiträge des laufenden Jahres ist, freut mich zwar persönlich, ist aber im Grunde zweitrangig. Viel interessanter ist es doch, welche Kreise das Gerücht 

"Als neuer Erzbischof von Berlin ist der ehemalige Bischof von Limburg, Franz-Peter Tebartz-van Elst, im Gespräch"

außerhalb meines Blogs zieht. - Ein erster großer Schritt war es, dass JoBo72's Weblog - eine der "ersten Adressen" in der deutschsprachigen Blogoezese, wird man wohl sagen dürfen - das Thema aufgriff und unter der Überschrift "Bischof wechsle dich" 
"die Hoffnung nährt, dass der Berliner Flughafen doch noch fertig wird – Dank des mutmaßlichen Neuen an der Spree: Franz-Peter Tebartz-van Elst. Na, dann: Fasten your seatbelts!"
Wenig später steuerte der in Weimar ansässige Blog Pulchra ut Luna, der seine Leser regelmäßig mit spannenden Interna aus dem vakanten Bistum Erfurt versorgt, eine Analyse bei, die schlüssig begründet, warum TvE nicht Bischof von Erfurt geworden ist, aber durchaus ein Kandidat für Berlin sein könnte: 
"Logisch! Und da hat Tebartz natürlich in Erfurt abgesagt, weil er ja hoffte, daß er für Berlin ins Gespräch käme, sobald klar wäre, daß Woelki nach Köln geht, wenn Meisner da weg ist!"
Die mit den personellen und strukturellen Verhältnissen im Erzbistum Berlin bestens vertraute Braut des Lammes geht in ihrem Blogpost zur Sedisvakanz in der Spreemetropole zwar nicht auf das TvE-Gerücht ein; eine umso größere Rolle spielt es jedoch in den Kommentaren zum Artikel. Von Leser Admiral darauf angesprochen, man höre ja "von mehreren Stellen", dass der ehemalige Limburger Bischof "im Gespräch" sei, räumt die Blog-Hausherrin ein:
"Gut, Bauvorhaben, an denen er sich verwirklichen könnte, gibts vor Ort ja welche…"
Leser Sektionschef Tuzzi sekundiert:
"TvE würde ich geschmacklich und vom Selbstverständnis her durchaus zutrauen, auch auf dem gegenwärtigen Stand der Planungen noch eine würdige Umgestaltung der Kathedrale hinzukriegen, dann müßte ihm aber vorsichtshalber jemand die Bücher führen, der sich damit auskennt.."
Auch auf der Facebook-Seite des Erzbistums, auf der ich einen Link zu meinem genannten Artikel hinterlassen habe, findet die Personalie Tebartz-van Elst Anklang: 

Einstweilen sehen sich auch die offiziellen Laiengremien des Erzbistums veranlasst, sich für die Nachfolgediskussion in Stellung zu bringen. In einer bereits vom 11.07. datierenden Pressemitteilung des Diözesanrates unter der unverdächtigen Überschrift "Der Diözesanrat der Katholiken gratuliert" wird im letzten Absatz die Katze aus dem Sack gelassen:
"Die angestoßenen Veränderungen aber werden unter seinem Nachfolger gemeinsam mit dem Kirchenvolk sicher aufgegriffen werden. Die Laien im Erzbistum Berlin erwarten deshalb, bei der Neubesetzung gehört zu werden."
Auf Facebook wird dies wie folgt kommentiert: 
Ach ja? - Bezieht sich das auf den von der WELT lancierten Kardinal Marx oder vielleicht doch auf Tebartz-van Elst? - Die TvE-Untersützerfraktionin der Blogoezese macht sich derweil ihre eigenen Gedanken über die Intentionen des Diözesanrats:


Angesichts einer solchen Entwicklung ist es einerseits kein Wunder, andererseits aber auch recht bezeichnend, dass das Erzbistum sich zu einem Dementi veranlasst sieht. So bezeichnet der diözesane Twitter-Account Spekulationen über eine Berufung Tebartz' an die Spree barsch als "Unsinn" - und schießt damit ein glasklares Eigentor:


Tags darauf hält man es beim Erzbistum daher für geraten, den Ton zu entschärfen. Aber auch das hat nicht den gewünschten Effekt.


Festzuhalten bleibt mithin vorläufig mindestens dies: 



Und aus der Sicht des Postiglione Romano werden die "einflussreichen Laien" ganz schnell zu "informierten Kreisen": 


So zieht das Gerücht also weiter fröhlich seine Kreise...

Man darf gespannt sein, was da in den nächsten Tagen und Wochen noch so alles kommt. Auf jeden Fall möchte ich meine Leser herzlich dazu einladen, mich über weitere Netzfundstücke zum Thema "Wird Tebartz-van Elst neuer Erzbischof vonb Berlin?" auf dem Laufenden zu halten...!

Freitag, 11. Juli 2014

Wir backen uns einen Erzbischof

Rainer Maria Kardinal Woelki, seit 2011 Erzbischof von Berlin, wechselt im September nach Köln. Seine Ernennung zum dortigen Erzbischof und mithin zum Metropoliten der Rheinischen Kirchenprovinz, zu der gut achteinhalb Millionen Katholiken gehören, wurde am heutigen Freitag, dem 11.07.2014, bekannt gegeben, und zwar traditionsgemäß gleichzeitig im Vatikan und an seinem zukünftigen Bischofssitz, also in Köln. Die deutschen Medien wussten es allerdings schon ein bisschen früher, wenn auch nur rund zwei Tage; und anders als es bei gezielten Indiskretionen "aus Kirchenkreisen" (wie kommt es bloß, dass ich bei dieser Fomulierung immer an die legendären südenglischen Kornkreise denken muss?) sonst der Fall zu sein pflegt, waren es diesmal sogar kircheneigene Nachrichtenkanäle, die an vorderster Front standen: zunächst verbreitete die Katholische Nachrichtenagentur (KNA) die Neuigkeit, dann auch das Online-Portal katholisch.de.

Im Vorfeld war der gebürtige Kölner Woelki, der vor seiner Berufung nach Berlin achteinhalb Jahre lang Weihbischof in der Domstadt gewesen war, durchaus als Kandidat für die Nachfolge des emeritierten Kardinals Meisner gehandelt worden, aber zu den Topfavoriten aus Sicht der weltlichen Medien hatte er eher nicht gezählt - da wurde weit eher auf Stephan Ackermann, seit 2009 Bischof von Trier, oder auch auf Franz-Josef Overbeck, seit 2009 Bischof von Essen, gesetzt. Diese beiden Namen sollen auch - neben einem Dritten, versteht sich - auf der Vorschlagsliste gestanden haben, die das Domkapitel nach Rom gesandt hat. Noch so etwas, was offiziell niemand wissen dürfte. Nun betrachten die Medien es aber weithin als ihre Aufgabe, möglichst alles schon im Voraus zu wissen oder zumindest zu ahnen; und da durch die Ernennung Kardinal Woelkis zum Kölner Erzbischof ja nun wieder ein anderer Erzbischofsstuhl vakant wird, nämlich eben der von Berlin, verlieren die Medien keine Zeit, auch hier wieder das Blaue vom Himmel herunterzuspekulieren.

"Drei Kirchenfürsten vor dem Wechsel", orakelt etwa Welt Online: "In Rom" werde, so heißt es da, "über eine Rochade nachgedacht". (Wohl, wohl. Ich bin sicher, dass in einer 2,6-Millionen-Einwohner-Metropole wie Rom ständig über alles Mögliche nachgedacht wird. Von wem, wird hier ja nicht verraten.) Nachfolger Kardinal Woelkis in Berlin, so erfährt der staunende Leser, könne oder solle Reinhard Kardinal Marx werden, seit 2009 (immer wieder dieses ominöse Datum!) Erzbischof von München und Freising. Und wer soll dann dessen Diözese übernehmen? Man halte sich fest: none other than Georg Gänswein, der "einstige [sic!] Privatsekretär von Benedikt XVI."! Potzblitz. Man fragt sich, wer sich so etwas ausdenkt. Zugegeben, Kardinal Marx, der neben seinem Bischofs- und Metropolitenamt auch noch Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz (seit 2014), Präsident der Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft (seit 2012) und obendrein Mitglied des von Papst Franziskus persönlich berufenen achtköpfigen Kardinalsrats ist, kann einem schon mal in den Sinn kommen, wenn große Aufgaben innerhalb der Katholischen Kirche in Deutschland zu verteilen sind. Nur ist Marx eben bereits Erzbischof von München und Freising, und wenn man nicht auf den irrwitzigen Gedanken verfallen will, jemand, der so viele Ämter auf einmal bewältigt, könne auch zwei Erzbistümer in Personalunion leiten, dann hieße seine Ernennung zum Erzbischof in Berlin ja, dass er aus der katholischen Sonne Bayerns in die nasskälteste Diaspora wechseln müsste - aus einem Bistum mit knapp 1,8 Millionen Katholiken in eines mit rund 400.000, und als Metropolit müsste er künftig einer Kirchenprovinz mit nur gut 570.000 statt bisher mehr als 5 Millionen Mitgliedern vorstehen! Das käme doch geradezu einer Degradierung, ja fast schon einer Strafversetzung gleich.

Allerdings wird Kardinal Marx ein gewisser Hang zur großen Politik nachgesagt, und so gesehen wäre das Bischofsamt im politischen Zentrum der Republik zweifellos nicht ohne Reiz für ihn. Drum ruft die WELT ihn auch kurzerhand mit bemerkenswertem Stilgefühl zum "Bischofs-Bundeskanzler" aus.



Aber "Don Giorgio" Gänswein nach München? Hier nun werden die Spekulationen der WELT vollends bizarr. Über Gänswein, der in den deutschen Medien seit dem Amtsantritt Papst Franziskus' immer wieder gern in der Rolle des Finsterlings, des sinistren Strippenziehers reaktionärer Seilschaften dargestellt wird, die die Reformbestrebungen des ultraliberalen Superpapstes hintertreiben, heißt es, er spiele "im Umfeld von Papst Franziskus keine bedeutende Rolle mehr" und solle "aus Rom weggelobt werden". Das ergibt ja nun vorn wie hinten keinen Sinn. Die erprobte Narrative von Gänswein als grauer Eminenz des Vatikans und verlängertem Arm des als reaktionärer Anti-Franziskus weiter wirkenden Benedikt XVI. würde vielmehr nahe legen, dass man "Don Giorgio" aus dem Vatikan entfernen wolle, um zu verhindern, dass er weiterhin eine "bedeutende Rolle" spielt; täte er das schon jetzt nicht mehr, könnte man ihn ja getrost da lassen, wo er ist. Jedoch: Wollte man ihn tatsächlich - bleiben wir mal bei der Gangsterfilm-Logik, die offenbar mit den WELT-Journalisten durchgegangen ist - unschädlich machen, würde man ihm dann ausgerechnet das zweitwichtigste Erzbistum eines weltkirchlich ja nun auch nicht gänzlich unbedeutenden Landes wie Deutschland anvertrauen, ein Amt zudem, das traditionell mit der Kardinalswürde verbunden ist? Nein, sorry, das leuchtet mir nun gar nicht ein.

Eins haben die phantasievollen Journalisten jedoch schon mal erreicht, jedenfalls bei mir in meiner Eigenschaft als (Wahl-)Berliner: Rein intuitiv und emotional möchte ich, nachdem ich dies gelesen habe, Kardinal Marx nicht als meinen Erzbischof haben. Und zwar allein deshalb nicht, damit "DIE" nicht Recht behalten. Besonders große Sorgen mache ich mir da zwar aus genannten Gründen nicht, aber man weiß ja nie. Da hilft nur eins: eine Gegenkampagne starten, die Medien auf eine andere Fährte locken. Wenn man weiß, wie die Journaille tickt, müsste das doch eigentlich hinzukriegen sein. Wo es, wie es im Falle des nicht wenig umständlichen Wahlverfahrens für Bischöfe der Katholischen Kirche nun mal der Fall ist, keine verlässlichen Informationen von offizieller Seite gibt, da kann die Journaille, wenn sie nun einmal etwas berichten muss oder zu müssen meint, ja nur auf Gerüchte bauen. Und Gerüchte in die Welt setzen kann schließlich jeder - und im Zeitalter des Web 2.0 einfacher denn je!

Also habe ich mir gedacht: Versuche ich doch mal, ein total irres Gerücht zu lancieren. Und zwar so richtig mit Ansage, sodass man hinterher sagen kann: Leute, hättet ihr mal anständig recherchiert, hättet ihr von Anfang an wissen können, dass das ein Hoax ist. Ein bisschen angewandte Medienkritik also, und außerdem eine gute Beschäftigung, um sich darüber zu trösten, dass der zumindest von mir sehr geschätzte Kardinal Woelki Berlin verlässt.

Okay, und hier das Gerücht.

Als neuer Erzbischof von Berlin ist der ehemalige Bischof von Limburg, Franz-Peter Tebartz-van Elst, im Gespräch. 

Warum auch nicht? "Im Gespräch sein", das heißt ja noch nicht viel, außer dass Leute über die Möglichkeit reden. Und das ist mit diesem Blogbeitrag ja praktisch schon erfüllt, also nicht mal gelogen. Ganz davon abgesehen, dass ich nicht von alleine auf diese Idee gekommen bin. Ich wurde vielmehr mit der Nase draufgestoßen.






Und es ist ja auch nicht so, als gäbe es keine guten Argumente dafür, dass der viel gescholtene Tebartz-van Elst nach Berlin ginge. Okay, es hieß, er solle "eine neue Aufgabe im Ausland" bekommen, "wohl nicht im deutschsprachigen Raum". Aber von der westdeutschen Provinz aus gesehen ist Berlin ja praktisch Ausland, und "deutschsprachig" ist ja nun auch relativ. Zudem könnten selbst TvE's erbittertste Gegner (oder gerade diese) nicht leugnen, dass Berlin eine Buße für ihn wäre.



Gleichzeitig und andererseits spricht aber auch Einiges dafür, dass er für die Aufgaben in der Hauptstadt besser geeignet sein könnte als manch Anderer:





(Zur Kritik an den aktuellen Plänen zur Neugestaltung der Berliner St.-Hedwigs-Kathedrale empfehle ich übrigens diesen Artikel.)

So, und ehe ich für diesen Artikel Schelte oder auch Beifall aus der falschen Richtung bekomme, noch ein Disclaimer: Ich mache mich hier nicht über Franz-Peter Tebartz-van Elst lustig. Sondern über die Medien. Was Bischof Tebartz betrifft: Würde er tatsächlich Erzbischof von Berlin - ich hätte nichts dagegen. Ich wäre gespannt, was dabei herauskäme, aber positiv gespannt. Insofern: wer weiß, vielleicht bringt die Kampagne ja sogar was.

Wenn meine Leser kräftig mitmachen.

P.S.: Als ich diese Pressemitteilung der Berliner Senatskanzlei zu Kardinal Woelkis Berufung nach Köln las, fügte mein Gehirn - wohl auch begünstigt durch den Zeilenumbruch - hinter den Worten "Wowereit dankt" in der Überschrift eigenständig das Wörtchen "ab" ein. -- Aber man kann halt nicht alles haben...