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Sonntag, 5. Oktober 2014

Vandalismus mit gutem Gewissen

Haben eigentlich in jüngster Zeit mal christliche Fundamentalisten und/oder andere "selbsternannte Lebensschützer" Apotheken verwüstet, weil dort die "Pille danach" verkauft wird? Könnte ja sein. Christlichen Fundamentalisten ist ja prinzipiell alles zuzutrauen. Die schießen ja auch aus dem Hinterhalt auf Ärzte, die Abtreibungen durchführen. Hab ich jedenfalls mal gehört. Belegen kann ich's nicht, aber im Internet ließe sich da sicher eine Quelle finden, und wenn nicht, auch nicht schlimm: Wenn man's nur mit genügend Überzeugung behauptet, wird's einem schon geglaubt werden. Denn, wie meine Freundin Kati neulich mal ironisch anmerkte: 
"Na klar, ihr seid Christen. Ihr hasst doch alle. Steht ja schon so in der Bibel: 'Hasse deinen Nächsten'!"
Nun aber mal im Ernst: Nein, ich habe nichts davon gehört, dass christliche Lebensschützer eine Apotheke verwüstet hätten, in der die "Pille danach" verkauft wird. Ich kann leider nicht ausschließen, dass so etwas passieren könnte. Christen und Lebensschützer sind schließlich auch nur Menschen, und Menschen ist so Einiges zuzutrauen, im Guten wie im Bösen. Deshalb distanziere ich mich lieber schon mal vorsorglich davon. Damit hier keine Missverständnisse aufkommen: Ich würde eine solche Tat entschieden verurteilen. Ich fände sie falsch, verwerflich und völlig inakzeptabel. Ich glaube aber, wäre so etwas in jüngerer Zeit und hierzulande, womöglich sogar hierzustadt geschehen, hätte man sicher davon gehört. Das wäre doch ein Riesenskandal gewesen.

Wovon ich jedoch gehört habe und was interessanterweise kein Riesenskandal ist, ist der exakt umgekehrte Fall: In der Nacht vom 25. auf den 26. September wurde eine Apotheke in Berlin-Neukölln mit "Farbbomben" attackiert, und kurz darauf erschien auf der Online-Plattform antifa-berlin.info ein Bekennerschreiben
"der katholische eigentümer [...] ist der meinung 'aus gewissensgründen' die pille danach nicht verkaufen zu können. auch sonst tut er sich als fanatischer lebensschützer hervor. wer 'aus gewissensgründen' meint frauen das recht auf selbstbestimmung streitig machen zu müssen, darf sich nicht wundern, wenn er 'aus gewissensgründen' seinen laden demoliert bekommt."
Aha. Soso. Schon klar: Macht kaputt, was euch kaputt macht. Rund eine Woche zuvor hatte bereits die Herz-Jesu-Kirche in Prenzlauer Berg "nächtlichen Besuch" bekommen und wurde "mit Hammer und Farbe angegriffen", wie es im Bekennerschreiben einer so genannten "AG Savita Halappanawar" heißt. Genauer gesagt wurde dort eine Fensterscheibe eingeschlagen und zwei mit roter Farbe gefüllte Flaschen hineingeworfen, zudem wurde die Fassade mit Graffiti beschmiert. 






Der Farbflaschenanschlag traf nicht den eigentlichen Kirchenraum, sondern angrenzende Räumlichkeiten, die vom Bundesverband Lebensrecht - dem Veranstalter des in einschlägigen Kreisen berüchtigten Marschs für das Leben - und dem Verein KALEB genutzt werden. Das - wenn man so will - Ironische daran ist, dass die Räume, die durch die mit den Splittern der geborstenen Flaschen durchsetzte Lackfarbe unbrauchbar gemacht wurden, eine Beratungsstelle für Schwangere in Konfliktsituationen sowie eine Kleiderkammer mit Säuglingsausstattung beherbergten. Die "AG Savita Halappanawar" und ihre Gesinnungsgenoss_innen dürfte das allerdings kaum anfechten; kann es doch kaum in ihrem Sinne sein, wenn schwangere Frauen in Konfliktsituationen ausgerechnet bei den Lebensschützern Rat und Hilfe suchen. Die Schwangerenkonfliktberatung von KALEB und ähnlichen Vereinen zeichnet sich u.a. dadurch aus, dass dort keine Beratungsscheine ausgestellt sind, die in Deutschland Voraussetzung für eine straffreie Abtreibung sind; ausdrückliches Ziel der Beratungstätigkeit dieser Vereine ist es, Abtreibungen zu verhindern. Aus Sicht ihrer Gegner ein massiver Verstoß gegen das "Selbstbestimmungsrecht der Frau" - eventuelle Rechte des ungeborenen Kindes kommen demgegenüber nicht in Betracht.

Der Fall des Neuköllner Apothekers liegt ähnlich. Dass dieser, ein gläubiger Katholik, die "Pille danach" wegen ihrer möglichen frühabtreibenden Wirkung ablehnt und es nicht mit seinem Gewissen vereinbaren kann, sie seinen Kunden zu verkaufen - und dass er diese Weigerung und seine Beweggründe dafür ganz offen kommuniziert, anstatt sich etwa immer dann, wenn jemand bei ihm nach dem betreffenden Medikament fragt, damit herauszureden, er habe es gerade nicht vorrätig -, macht ihn in gewissen Kreisen zum Freiwild: Seine Apotheke wurde in den letzten Jahren schon mehrfach und sogar mit einer gewissen Regelmäßigkeit Ziel von Anschlägen, vor allem im Vorfeld des Internationalen Frauentags bzw. "Frauenkampftags" am 8. März. Die Vorderfront der Apotheke mit (i.d.R. roter) Farbe zu besudeln, gehört bei diesen Anschlägen zum Standard; hin und wieder gehen auch Fensterscheiben zu Bruch. Der jeweils entstehende Sachschaden ist so oder so erheblich. Dass es im laufenden Jahr zusätzlich zur fast schon traditionellen Attacke im März noch eine weitere im September gab, stellen die Verfasser_innen des oben bereits zitierten Bekennerschreibens selbst in den Kontext der massiven Mobilisierung gegen den Marsch für das Leben:
"mit dieser kleinen aktion grüßen wir die proteste gegen den diesjährigen 'marsch für das leben'."
Was allerdings noch nicht direkt eine Antwort auf die Frage darstellt: Womit wird dieser Terror (ja, es IST Terror, ein passenderes Wort gibt es dafür nicht) gegen den Apotheker eigentlich begründet bzw. gerechtfertigt? 

Wie wir gesehen haben, gibt das Bekennerschreiben darauf eine lapidare Antwort: Mit seiner Weigerung, die "Pille danach" zu verkaufen, missachtet der Apotheker das Recht der Frauen auf körperliche Selbstbestimmung. Ein Recht, das, wie es scheint,  seine höchste Erfüllung darin findet, jederzeit Sex haben zu können, ohne dabei das Risiko in Kauf nehmen zu müssen, womöglich ein Kind zu bekommen. Vor diesem hehren Recht müssen alle anderen Rechte zurückstehen, das Lebensrecht eines eventuellen "versehentlich" gezeugten Kindes wie auch das Recht eines Apothekers, im Kreuzberg-Neuköllner Kiez unbehelligt sein Geschäft zu betreiben. Klingt einleuchtend, oder? 

Nun ja, vielleicht auch nicht. Der Fall des Apothekers, der dem wiederholten Terror gegen sein Geschäft trotzt und weder seine ablehnende Haltung zur "Pille danach" noch gar den Standort seiner Apotheke aufzugeben bereit ist, hat schon mehrfach öffentliche Beachtung gefunden. Josef Bordat widmete ihm ein Unterkapitel seines Buches Das Gewissen (und veröffentlichte diesen Auszug auch in seinem Blog); über eine Farbattacke in der Nacht vom 4. auf den 5. März 2014 berichteten u.a. die Berliner Zeitung, der Tagesspiegel, die Deutsche Apotheker Zeitung und das Branchenblatt apotheke adhoc. Wie man beispielsweise an den Leserkommentaren in den beiden Apothekenzeitschriften ablesen kann, sind die Meinungen über den Fall geteilt. Die Frage, ob es legitim sei, dem Apotheker den Laden zu demolieren, wird dabei kaum diskutiert - woraus man mit etwas gutem Willen schließen kann, es sei für die meisten Beobachter selbstverständlich, solche Gewaltmaßnahmen nicht gutzuheißen. (Wobei: Dann könnte oder müsste man sich eigentlich umso mehr darüber verwundern, wie kühl und quasi achselzuckend der Umstand aufgenommen wird, dass solche Gewalttaten eben doch verübt werden.) Erheblich kontroverser diskutiert wird die Frage, ob und inwieweit der Apotheker eigentlich tatsächlich im Unrecht ist. Diese Frage ist tatsächlich nicht so leicht zu beantworten. Handelte es sich um einen normalen Einzelhändler, wäre die Sachlage eindeutig: Ein solcher kann sich ganz nach eigenem Gutdünken dazu entscheiden, bestimmte Waren nicht in seinem Sortiment zu führen - das fällt unter die Vertragsfreiheit. Für Apotheker gilt das nicht in demselben Maße, denn diese sind dazu verpflichtet, die medizinische Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten. Dennoch hat die Berliner Apothekerkammer bislang keine Veranlassung gesehen, gegen den Pille-danach-Verweigerer vorzugehen. Diesen Umstand kann man dahingehend interpretieren, dass im Sinne einer Rechtsgüterabwägung der Gewissensfreiheit des Apothekers das Übergewicht über seine Pflicht zur Gewährleistung der medizinischen Versorgung eingeräumt wird. Das sähe vermutlich anders aus, wenn er der einzige Apotheker am Ort wäre; tatsächlich weist das Branchenverzeichnis aber allein für den Bezirk Neukölln nicht weniger als 70 Apotheken aus. Die objektive Verschlechterung der medizinischen Versorgungslage, die dem Apotheker anzulasten wäre - und somit auch die ihm vorgeworfene Verletzung des "Rechts auf Selbstbestimmung" - beschränkt sich somit in der Praxis darauf, dass diejenigen Frauen, für die ausgerechnet diese Apotheke die am einfachsten erreichbare wäre, einen etwas weiteren Weg auf sich nehmen müssen, wenn sie die "Pille danach" benötigen. Im Grunde also eine Lappalie. Aber es ist ja recht offensichtlich, dass es darum gar nicht geht.

-- Sondern genau worum? - Darum, dass der Apotheker offen für das Anliegen des Lebensschutzes eintritt. Seine Haltung zur "Pille danach" begründet er auf einem Aushang im Schaufenster seines Geschäfts. Angeblich legt er auch denjenigen Verhütungsmitteln, die man bei ihm sehr wohl bekommen kann, Informationsblättchen bei, die die Lehre der Katholischen Kirche zum Thema Empfängnisverhütung erläutern. Kurz, er ist ein "christlicher Fanatiker" - und das ist gewissen Kreisen offensichtlich Grund genug, ihn in "ihrem Kiez" nicht dulden zu wollen. Einfach nichts bei ihm kaufen, womöglich auch zum Boykott seiner Apotheke aufrufen? - Genügt nicht, er muss aktiv bekämpft werden, um ein Zeichen gegen derart frauenverachtende Fundis zu setzen.

Die Parallelen zum Anschlag auf die Herz-Jesu-Kirche und zu den Störaktionen gegen den Marsch für das Leben wären auch dann offensichtlich, wenn das Bekennerschreiben zum Apotheken-Anschlag nicht ausdrücklich auf letztere Bezug nähme. Das gemeinsame Schema dieser Aktionen lautet: Wer Schwangerschaftskonfliktberatungen ohne Beratungsschein anbietet, die Abgabe der "Pille danach" ablehnt oder ganz allgemein der Auffassung ist, das menschliche Leben sei ab dem Moment der Zeugung prinzipiell schützenswert, ist ein "christlicher Fanatiker" bzw. "Fundamentalist", und wo diese sich sich anschicken, ihre Überzeugungen öffentlich zu vertreten, da erscheint es nicht nur legitim, sondern sogar geboten, sie gewaltsam daran zu hindern. Gern wird dabei sogar eine Art Notwehrsituation konstruiert: Die eigentlichen Aggressoren sind die, die das "Recht auf (körperliche und/oder sexuelle) Selbstbestimmung" nicht als das höchste aller Rechte anerkennen - "Fanatiker" und "Fundis" eben. Denen muss Einhalt geboten werden, mit allen Mitteln. Ein anonymer Kommentator meines Blogartikels zum diesjährigen Marsch für das Leben wies mich kürzlich darauf hin, dass es Menschen gebe, die sich von "Typen wie mir" "massivst bedroht fühlen". Gefühl ist da freilich alles - wohingegen man meinen könnte, Menschen, die die Fensterscheiben eingeworfen oder wahlweise mit roter Farbe zugeschmiert bekommen, hätten allen Grund, sich nicht nur bedroht zu fühlen. Aber, ich vergaß: Die sind ja selber schuld und verdienen es nicht besser.

Dass es einigen militante Gruppen von Lebensschutz-Gegnern so sehr an Unrechtsbewusstseins und am Sinn für Verhältnismäßigkeit  mangelt, dass sie öffentlich über Gewalttaten wie die oben geschilderten jubeln und triumphieren, finde ich fast noch schockierender als die Gewalttaten selbst. Die Täter und deren Gleichgesinnte fühlen sich offenkundig so sehr im Recht, dass ihnen gar nicht in den Sinn kommt, dass Rechte per definitionem etwas sind, was auch andere haben. Zuweilen scheint es mir, dass der politisch-ideologische Kontext, in den diese - sagen wir mal: Aktivist_innen - sich einordnen, lediglich eine vordergründige Legitimationsfunktion erfüllt; die dahinter stehende Geisteshaltung wirkt auf mich weniger politisch als vielmehr  egozentrisch und infantil - oder, wie ich es kürzlich in einem ebenfalls den Angriffen auf die Neuköllner Apotheke gewidmeten Blogbeitrag las: "nicht nazistisch, aber ungehemmt narzisstisch". Der eigene Egozentrismus wird zum "Recht auf Selbstbestimmung" aufgeblasen, demgegenüber kein anderes Recht Bestand haben kann und darf; und wer sich diesem entfesselten Selbstverwirklichungsdrang in den Weg stellt, hat selbst überhaupt keine Rechte mehr. Der ist einfach ein Feind und muss vernichtet werden.

Persönliches P.S.: 

Gestern Vormittag habe ich mich aufgemacht, dem angefeindeten Apotheker einen Solidaritätsbesuch abzustatten. Dabei habe ich mich übrigens davon überzeugen können, dass die betreffende Apotheke nur einen knapp fünfminütigen Fußweg von ZWEI anderen Apotheken entfernt liegt, aber wir haben ja schon festgestellt, dass es darum letztlich nicht geht. Die Apotheke zeigte nur noch relativ geringfügige Spuren des gut eine Woche zurückliegenden Farbanschlags; der finstere Fanatiker entpuppte sich als ein sehr freundlicher und zugänglicher Mensch und strahlte eine fast heitere Gelassenheit aus, die ich an jemandem, gegen den ein regelrechter Kleinkrieg geführt wird, recht beeindruckend fand. Als ich ihn auf den jüngsten Angriff auf sein Geschäft ansprach, erwiderte er, er hoffe natürlich, dass das irgendwann mal aufhöre, aber... Der Satz endete mit einem Achselzucken.
"Ich würde eigentlich gern mal mit diesen Leuten reden", fügte er hinzu.
"Wenn sie denn mit sich reden ließen", nickte ich.
Da ich augenblicklich keinen Bedarf an irgendwelchen Medikamenten hatte, dachte ich mir, kauf' ich mir wenigstens 'ne Rolle Traubenzuckerbonbons, wie früher in der Dorfapotheke meiner Kindheit. Der Apotheker bestand jedoch darauf, sie mir zu schenken.
So sind sie wohl, diese christlichen Fanatiker.

7 Kommentare:

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    1. Oh danke...
      "Coming from you, that means a lot", wie der Angloamerikaner sagen würde :D

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  2. Ich muss jetzt wieder einmal zugeben, dass ich in diesem Artikel Dinge finde mit denen ich mich identifizieren kann und umgekehrt.
    Deshalb fange ich positiv an: Gewalt gegen Menschen und Sachen ist bedingungslos abzulehnen - außer in Notwehr. Die Aktionen der sogenannten Antifa sind indiskutabel, keine Frage. Das Thema des Gewissensvorbehalts des Apothekers sehe ich aber grundlegend anders als Josef Bordat und zwar sowohl aus pragmatischen wir auch grundlegenden Motiven. 1. Die Parallelität zur Gewissensverweigerung beim Wehrdienst sehe ich nicht. Ein Grundwehrdiener sucht sich seinen Dienst nicht aus, der Apotheker hat seinen Beruf aus freien Motiven gewählt. 2. Aufgabe des Apothekers ist es vor allem den Patienten ALLE verschreibungspflichtigen Arzneimittel zeitnah zu besorgen (oder noch besser diese vorrätig zu haben) außer es sprechen triftige MEDIZINISCHE Gründe dagegen, die der Arzt zum Zeitpunkt der Verschreibung nicht wissen konnte (Beispiel: jemand kommt vollbetrunken und möchte eine Schachtel Benzodiazepine). 3. Gewissensvorbehalte sind sehr problematisch, ganz abgesehen davon, dass sich der Apotheker damit über den Arzt und auch über das Gesetz stellt. Gewissen ist nämlich subjektiv, d.h. man müsste ALLE Vorbehalte anerkennen. Ein tierfreundlichen Apotheker könnte sich weigern Medikamente zu führen, die mithilfe grausamer Tierversuche entwickelt wurden, ein islamischer Apotheker könnte sich weigern Medikamente zu führen, deren Herstellerfirma Kontakte nach Israel hat usw. Am Ende müsste ein schwerkranker Patient, dem vom Arzt 5 Medikamente verschrieben wurden, zu 5 verschiedenen Apotheken rennen. Das kann nicht im Sinn der Grundversorgung sein. 4. Die Tatsache, dass 40 Meter weiter die nächste Apotheke zur Verfügung steht, ist reiner Zufall. Genauso gut könnte die Apotheke am Land sein, wo im Wochend-Notdienst die nächste Apotheke 30 Kilometer entfernt und für ein junges Mädchen ohne Auto kaum erreichbar ist.

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    1. Es liegt ja - wie auch Josef Bordat ausführlich dargelegt hat - in der Natur der Sache, dass ein Gewissensvorbehalt erst und nur dann eine Rolle zu spielen beginnt, wenn das Gewissen des Einzelnen eine Haltung einnimmt, die der geltenden Rechtsnorm widerspricht. Theoretisch müsste der Apotheker darauf gefasst sein, dass mit legalen Mitteln gegen seine Verweigerung der Abgabe eines bestimmten Medikaments vorgegangen würde. Steht er zu seiner Gewissensentscheidung, müsste er in diesem Fall auch eine Strafe bereitwillig in Kauf nehmen.
      Dass man den Fall aus rechtlicher Sicht wohl als schwerwiegender beurteilen müsste, wenn dieser Apotheker der einzige weit und breit wäre, habe ich ja bereits eingeräumt.
      Darin, dass der Gewissensvorbehalt, auf den dieser Apotheker sich beruft, ebenso für jeden anderen gelten muss, stimme ich übrigens vollkommen zu. Das hypothetische Beispiel eines Apothekers, der gegen Tierversuche ist und deshalb bestimmte Medikamente nicht führt, finde ich recht illustrativ. Ich kann mir vorstellen, dass diesem hypothetischen Apotheker große öffentliche Sympathien entgegengebracht werden würden - außer natürlich von denjenigen Kunden, die hinsichtlich ihrer medizinischen Versorgung auf ihn angewiesen sind...

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  3. Das Beispiel ist sicher plakativ, es sollte aber illustrieren, dass die Apotheke vermutlich ein sehr schlechter Ort für Gewissensvorbehalte ist. Denn der Beruf des Apothekers ist nun mal mit Rechten und Pflichten verbunden. Dem Recht gewisse Produkte ausschließlich und geschützt führen zu dürfen und der Pflicht diese auch vollständig allen Patienten verfügbar zu halten. Hier gibt es einfach keinen Spielraum. Ein Linien-Pilot kann sich auch nicht einfach weigern gewisse Destinationen anzufliegen, weil das politische System dort nicht passt. Bordat bezieht das m. E. zu wenig in seine Erwägungen ein. Außerdem irrt er in seinem Artikel auch fachlich wenn er z.b. die Pille danach in den Kontext des § 218 stellt mit dem die überhaupt nichts zu tun hat. Da gibt es immer wieder Verwirrungen. Im Zuge des (sogenannten) Kölner Klinikskandals haben z.B. die Celitinnen einen Leitfaden für Vergewaltigungsopfer veröffentlicht in dem sie empfahlen jene Opfer die eine Pille danach verlangten an eine Beratungsstelle nach § 219 zu vermitteln. Das ist gleich doppelter Unsinn, denn erstens handelt es sich bei einer Nidationshemmung (falls es die überhaupt gibt) lt. Gesetz um keine Abtreibung und zweitens wäre auch für diese im Falle einer Vergewaltigung keine Beratung vorgesehen. Man würde die traumatisierte Frau also zum Spaß unnötig in der Gegend herumschicken.

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  4. Zur Begrifflichkeit Terror: In diesem, hier im Kontext verwendeten, Zusammenhang findet eine Verharmlosung gegenüber wirklicher Terrorisierung, wie der gewollten Vernichtung von Menschen (Bsp. IS, ehemalige IRA, Hutaree) statt.
    Auch gefühlter Terror ist kein Argument, wenn der politischen Gegnerschaft jegliche "gefühlte Bedrohung" abgesprochen wird.
    Des weiteren ist die , mit dem Ziel des Opferstatus moralisch überhöhte und skandalisierende Argumentation gegen Farbbomben unlogisch und äußerst fragwürdig, wenn sich im Gegenzug verweigert wird, mit den eigenen, aus Gründen des "Lebensschutzes" gewählten, Bündnispartnern auseinanderzusetzen, die sowohl militant-gewaltätig gegen ihre Gegner agieren, als auch durch antisemitische und rassistische Stimmungsmache versuchen, gesellschaftliche Stimmungen zu in eine militante Richtung manipulieren (Bsp. AfD, Junge Freiheit).

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  5. Lieber Tobias Klein,

    über einen Hinweis einer guten Freundin und lieben Glaubensschwester bin ich auf Ihre fb-Seite und somit auf Ihren Blog geraten. Zuerst möchte ich mich für Ihre Beiträge bedanken, die ganz im Glauben und in Liebe für unseren Gott geprägt sind.
    Zu meinem anonymen Vorkommentator:
    Wer Einrichtungen des christlichen Glaubens beschädigt und schändet, begeht Sünde. Es ist Unrecht und ein von Hass geprägter Auswurf des Bösen.
    Als mehrmalige Teilnehmerin des Marsches für das Leben möchte ich auch äußern, dass jenes Gebaren der Anhänger einer Kultur des Tötens gleichfalls Sünde ist. Sie werden uns jedoch nicht von unserem Weg abbringen.
    Überrascht bin ich über die Behauptung des anonymen Schreibers, dass wir, die die Liebe zu jedem Leben in unseren Herzen tragen, beim Marsch Seit an Seit mit jenen sind, die nicht vom Glauben an Gott, sondern von der Überzeugung an Ausgrenzung, Elitarismus und völkisch Blut getrieben sind. Wenn, von Nationaldenken durchtränkte, aggressive Menschen sich in unseren Reihen befinden, die dem Anliegen des Schutzes jeden Lebens durch ihre Argumentation schaden. Kein Kind gehört dem Volke, sondern Gott!
    Sollte uns unser Glaube nicht die Kraft geben, die Kräfte des Bösen auch unter uns zu erkennen und durch unsere Gebete zu bändigen?

    Mit herzlichstem Gruße

    Roswita

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